Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

244 III. Abschnitt. Der Eisenbabuverkehr. 
praktisch, da das Zufrieren der Schöpfgruben durch besondere Erwär- 
mungsvorrichtungen verhindert werden mubß, die aber nach den Erfah- 
rungen in Nordamerika nicht immer zuverlässig genug sind. 
Die Heizung der Lokomotivkessel erfolgt überwiegend mit Kohlen 
und Kohlenprebßsteinen. Daneben bat sich namentlich das Erdöl (Petro- 
leum) und seine Rückstände als flüssiger Brennstoff eine gewisse 
Bedeutung verschafft. Rußland hat damit schon früh angefangen, und 
schon 1897 waren über /% aller russischen Lokomotiven auf Olfeuerung 
eingerichtet, neben der aber auch die Holzfeuerung eine beachtens- 
werte Ausdehnung hat. Beides erklärt sich aus dem natürlichen Reich- 
tum des Landes an Erdöl und Holz. In den Vereinigten Staaten, die 
cbenfalls reich an Erdöl sind, waren schon in den 60 er Jabren des 
19. Jahrhunderts Versuche mit Olfeuerung gemacht worden, die aber 
wegen der damals zu hohen Olpreise scheiterten. In den 90 er Jahren 
wurde das Erdöl infolge der Erschlielzung neuer Erdölquellen hinreichend 
billig für solche Zwecke, und das bat der Olfeuerung nunmebhr auch 
bei den nordamerikanischen Bahnen Eingang verschafft. Auch in Texas 
und Kalifornien, in Mexiko, Peru und Argentinien, Java, Borneo, 
in Südafrika und Indien, ferner in Rumänien, Osterreich sind Olfeue- 
rungen in Verwendung. Als Zusatzfeuerung kommt die Olfeuerung auch 
bei einem allerdings kleinen Teile der englischen und französischen 
Bahnen vor. Der Olfeuerung werden gewisse betriebstechnische Vor- 
züge gegenüber der Kohlenfeuerung nachgesagt; insbesondere sollen 
dadurch größere Dauerleistungen erzielt werden können. Wo aber, wie in 
Deutschland, ausgiebige eigene Erdöllager nicht zugebote stehen, wird man 
trotzdem Bedenken tragen müssen, die Kohlenfeuerung, für die wir vom 
Auslande unabhängig sind, in nennenswertem Umfange zu ersetzen durch 
die Glfeuerung, für die wir auf das Ausland angewiesen sein würden. 
Die gesteigerte Leistungsfähigkeit der Lokomotiven findet u. a. 
einen Ausdruck in der Tatsache, dal man jetzt schon viel längere 
Strecken ohne Lokomotivwechsel befahren lassen kann. Die deutschen 
Schnellzuglokomotiven z. B. können jetzt rund 300 km auf einmal 
durchfahren, und es gibt schon eine ganze Reihe von Strecken mit 
mehr als 250 km, auf denen diese Tatsache verwendet wird. In 
Preußen allein sind nach den amtlichen Berichten über die Betriebs- 
ergebnisse der preuhbßisch-hessischen Staatsbahnen 1910: 30 derartige 
Strecken vorhanden, darunter Berlin—Altona (300 km), Berlin—Hannover 
(260 km), Breslau—Dresden (270 km) usw. 
Die Erhöhung der Lokomotivkraft ermöglicht die Beförderung 
längerer und schwererer Züge. Davon ist Gebrauch gemacht worden. 
Die englischen Schnellzüge 2z. B., deren Gesamtgewicht in den 60 er 
Jahren rund 100 t, in den 80er Jahren rund 250 t betrug, stellen jetzt 
ein Gewicht von 450 t und mehr dar. Im Güterzugverkehr kommt
	        
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