Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

248 III. Abschnitt. Der Eisenbahnverkehr. 
dem Aufkommen der Zahnradbahnen seit Anfang der 70 er Jahre sind 
denn auch besondere Lokomotivarten für diesen Betrieb erdacht und 
erbaut worden. Wenn solche Lokomotiven auf Strecken verkehren, auf 
denen es nur zeitweise der Benutzung der Zahnstange bedarf, müssen sie so 
eingerichtet sein, daß sie auf den zahnstangenfreien Strecken als Reibungs- 
lokomotiven verwendbar sind. Der schon genannte RonAs ABr hat eine 
solche Lokomotive mit Zahnrad- und Reibungsantrieb 1884 für die Harz- 
bahn Blankenburg—Tanne gebaut und damit eine Form geschaffen, die 
inzwischen vielfach Anwendung in Gebirgsgegenden gefunden hat. 
Als neue Triebkraft ist neuerdings die Elektrizität in den Eisenbahn- 
dienst eingetreten, nachdem auf der Berliner Gewerbeausstellung von 1879 
WRNER SIENENS die erste, allerdings noch winzige elektrische Schienen- 
bahn vorgeführt und damit die Lösbarkeit der Frage auber Zweifel 
gestellt hatte. Die Maschine dieser 300 m langen Babn hatte 3 Pferde- 
stärken und machte 7' km in der Stunde., lhre Bedeutung liegt darin, 
daß sie die erste brauchbare Lösung darstellte, während die Versuche 
von DavENPOBRr in Amerika in den 30 er und von HALL in England 
in den 50 er Jahren ohne Erfolg geblieben waren. SliEMEN brachte 1881 
in Grobßlichterfelde bei Berlin die erste elektrische Bahn für öffentlichen 
Verkehr zustande, der 1882 eine elektrische Bahn von Charlottenburg 
nach dem Spandauer Bock und eine elektrische Grubenbahn in 
Zaukerode i. S. und 1883 die erste österreichische elektrische Bahn für 
öffentlichen Verkehr von Mödling nach Vorderbrühl folgte. Das waren 
die ersten, noch sehr bescheidenen Anfänge des elektrischen Bahnbetriebs 
auf der Erde. Was in Deutschland begonnen, wurde in ausgiebiger 
Weise zunächst in den Vereinigten Staaten von Amerika verwertet und 
weiter ausgebaut, so daß man hier bald allen Ländern weit voraus war. 
Der elektrische Betrieb eroberte sich nun in raschen Fortschritten den 
Verkehr in und bei den Städten. Das Strabenbahnwesen beherrscht er jetzt 
vollständig. In Deutschland z. B. werden über aller Strabenbahnen 
elektrisch betrieben. Der elektrische Betrieh hat hier nicht nur vor dem 
langsamen Pferdebetriebe, sondern auch vor dem Dampfbetriebe große 
Vorüge. Er gestattet auch bei starken Unebenbeiten des Verkehrs- 
gebiets den Betrieb, er belästigt nicht durch Rauch und Geräusch, er 
braucht wenig Dienstpersonal, er gestattet häufige Verbindungen durch 
Einzelwagen oder kurze Züge, die sich in ganz kurzen Abständen folgen 
können, er ermöglicht leichtere Antriebsvorrichtungen und geringeres 
totes Gewicht, leichtere Fahrzeuge, bessere Raumausnutzung usw. Im 
Straben- und Kleinbahnverkehr wird durchweg die elektrische Kraft 
von besonderer Stromerzeugungsstellen zugeführt, die da, wo natürliche 
Wasserkräfte ohne weiteres verwendet oder durch Stauwerke bereit- 
gestellt werden können, verhältnismähig billig arbeiten. Die Stromzu- 
führung kann unterirdisch erfolgen, was die Firma SiENMENS & HATSKE
	        
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