4. Kapitel. Die Anfgaben d. öffentl. Gewalt gegenüber den Eisenbahnen. 289
ebenso in Agypten, in Russisch-Asien. In der Mebrzahl der überseeischen
Staaten stehen aber die Privatbahnen im Vordergrunde. Auch die Ver-
einigten Staaten von Amerika sind bei ihrem oben gekennzeichneten
Vorgehen geblieben.
Nach dem ausgeführten gehört Deutschland zu den Ländern, in
denen das Staatsbahnwesen herrscht. Ende 1910 waren in Deutschland,
ausschlieblich der von deutschen Bahnverwaltungen mitbetriebenen
nichtdeutschen 336,1 km Haupt- und 11,3 km Nebenbahnen, vorhanden
an vollspurigen Staatsbahnen:
33 818,14 Kkm Hauptbahnen
21532, „ Nebenbahnen
zus. 55 350,5 km,
und an vollspurigen Privatbahnen:
1977 km Hauptbahnen
3339.9 „ Nebenbahnen
Zus. 3537,6 km.
Von den Privatbahnen waren 112 km unter Staatsverwaltung.
Im ganzen standen unter deutscher Staatsverwaltung, einschlieblich
dieser 112 km Privatbahnen und der oben erwähnten 336,1 km und
11, 9 km nichtdeutschen Bahnstrecken, rund 55 834 km vollspurige
Bahnen. Dieses Netz wird aber formell nicht, wie der Wortlaut des
Art. 42 der Reichsverfassung erwarten liebe, „wie ein einheitliches Netz“
verwaltet, sondern liegt in der Hand von acht Staatsverwaltungen:
Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Mecklenburg, Olden--
burg und Elsaß-Lothringen (die besondere Militärbahnverwaltung ist dabei
außer Acht gelassen). Die bessischen Staatsbahnen werden auf Grund
des Vertrags vom 23. Juni 1896 von Preußen mit verwaltet und sind
mit den preubßischen Staatsbahnen zu einer Betriebs- und Finanzgemein-
schaft vereinigt, die nach langen, bis 1885 zurückreichenden Verhand-
lungen zustande kam. Die im gemeinsamen Besitze von Preuben,
Hessen und Baden befindliche Main-Neckarbahn wird auf Grund des
Vertrags vom 14. Dezember 1901 ebenfalls von Preußen mit verwaltet.
Außerdem ist an den Grenzen der einzelnen Bahnverwaltungen eine
Verwaltung als gemeinsame Betriebsführerin für bestimmte Bahnhöfe und
Strecken bestellt, im Gegensatze zu dem englischen und amerikanischen
Verfahren, besondere Aktiengesellschaften zu bilden für die Verwal-
tung solcher Bahnhöfe, in denen die Linien mehrerer Verwaltungen
zusammenlaufen.
Hiernach ist der BlsmmARCESche Gedanke des Reichseisenbahnwesens,
dem zuliebe die preuhische Regierung auf Grund des Gesetzes vom
4. Juni 1876 ibren Staatsbahnbesitz dem Reiche zum Kaufe anbot, nicht
vAN Das Boschr, Verkehrswesen. 2. Aulfl. 19