Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

5. Kapitel Das Tarifwesen. 315 
bedürfnisse erforderten Umfang am besten dauernd gewährleistet. Beides 
ist an sich berechtigt. Aber die große Bedeutung der Tarife für alle 
Gebiete des heutigen Volkslebens, wie es sich innerhalb der Staatsgrenzen 
vollzieht, und für dessen Interessenberührungen mit anderen Volkswirt- 
wirtschaften macht es unmöglich, lediglich die vorbezeichneten allge- 
meinen Grundsätze als mabgebend anzuschen. Jeder dieser Grundsätze 
bedarf einer Ergänzung dahin, daß die Durchsetzung des Erwerbs- und 
Einnahmegewinnungsstrebens der wirksamsten Förderung der gesamten 
Volksbedürfnisse durch die Eisenbahn nicht Abbruch tun darf. Die 
Anwendung dieses Grundsatzes ist nicht nur schwierig, sondern kann 
sich auch in den einzelnen Ländern nicht nach gleichem Vorbilde voll- 
zieben. Denn jede Volkswirtschaft hat ihre besonderen Bedürfnisse und 
Verhältnisse. 
Das gesagte wirkt nicht nur auf die Hôöbe, sondern auch auf die 
Gestaltung der Tarife ein. Von hier aus ergibt sich deshalb die Forde- 
rung der Einfachheit, Klarheit, Ubersichtlichkeit und genügenden Bekannt- 
gabe der Tarife, damit die Verkehrsbeteiligten jederzeit in der Lage sind, 
Ssich rasch und zuverlässig über die geltenden Frachtsttze zu unterrichten. 
Erleichtert wird das durch eine gewisse Stetigkeit der Form und 
Höhe der Tarife in dem Sinne, dabß ein häufiges Schwanken vermieden 
wird. Auch die Anwendung gleichartiger Tarifformen, Tarifsätze und 
Tarifvorschriften für größere Gebiete erleichtert der Bevölkerung den 
Iberblick. Dem Gesamtbedürfnis entspricht weiter das Verlangen nach 
grundsätzlicher Allgemeingültigkeit der Tarife in dem Sinne, dabß gleiche 
Leistungen jedermann zu gleichen Bedingungen gewährt werden, dabß 
also besondere (unter Umständen gebeime) Begünstigungen einzelner 
Frachtgeber oder Frachtbezirke vor den übrigen nicht eintreten dürfen. 
Alle diese Forderungen gelten sowohl gegenüber Staats- als auch 
Zgegenüber Privatbahnen. Letzteren wird der Staat unter Umständen 
bestimmte Verpflichtungen auferlegen müssen, um den genannten Forde- 
rungen Berücksichtigung zu verschaffen. Dazu können 2. B. die Vor- 
schriften über Höchsttarife, über Veröffentlichung und Gestaltung der 
Tarife, Verbot gebeimer Begünstigungen u. dgl. m. benutzt werden, so- 
fern eine wirksam Uberwachung durchgeführt werden kann. Im allge- 
meinen darf man annehmen, dab die Eisenbahnverwaltung des Staates 
als des berufenen Vertreters und Wächters des Gesamtwobls dieses von 
sich selbst aus und eher berücksichtigen wird als die Privatbahnverwal- 
tung (vgl. Abschn. I, Kap. 5, § 2). 
Die auberordentliche Bedeutung der Tarifgestaltung für das wirt- 
schaftliche Leben bringt es mit sich, dab die schon besprochenen Eisen- 
bahnbeiräte, wie sie aus den vorzugsweise am Verkehrsleben beteiligten 
Kreisen gebildet werden, besonders auf dem Gebiete des Tarifwesens
	        
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