Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

328 III. Abschnitt. Der Eisenbabnverkehr. 
des Tarifwesens von Anfang an im Anschluß an das bei der Post, den 
Wasserstraßen und den Landstraßen damals übliche Verfahren eine 
grobe Bedeutung gehabt und bildet noch in vielen Ländern (z. B. in 
England, Nordamerika, Italien, Frankreich, Rußland usw.) die Grundlage 
der Frachtbemessung. Aber allenthalben hat man sich genötigt gesehen. 
Güter von annähernd gleichem Werte in Gruppen zusammenzufassen 
und mit gleichen Frachtsätzen zu belegen. Durch diese Auberacht- 
lassung feinerer Wertabstufungen ist man zur Bildung einer beschränkten 
Anzahl von Wertklassen gelangt, in die dann die einzelnen Güter ein- 
gereiht werden auf Grund einer mehr oder weniger anfechtbaren Wert- 
abschätzung (Wertklassifikation). 
Je mehr solcher Klassen bestehen, desto verwickelter ist der Tarif. 
Je mehr weiter die Bahnverwaltung bemüht ist, den Wertveränderungen 
durch Verschiebung der Einreihung der Güter in die Wertklassen nach- 
zugehen, desto veränderlicher wird die Frachtbelastung der Güter. 
Diese Nachteile lassen sich zwar einschränken, aber nicht vollständig 
beseitigen. Der Werttarif leidet weiter an dem Mangel, daß eine all- 
seitig befriedigende Einreihung in die Wertklassen unmöglich ist, dab 
die Art der Wagenausnutzung im einzelnen Falle ganz unbeach0tet bleibt, 
und daß auf die Fälle nicht genügend Rücksicht genommen wird, in 
denen die Belastungsfähigkeit höherwertiger Güter durch zu starken 
Wettbewerb oder durch ungünstige wirtschaftliche Verschiebungen ver- 
mindert ist. Der Werttarif ist da am Platze, wo auf die Erzielung eines 
hohen Reingewinns besonderer Nachdruck gelegt werden mußb. Hier 
bietet er den Vorzug, dab er — in Anlehnung an einen wichtigen 
Grundsatz des Besteuerungswesens — die Last besonders den leistungs-. 
fähigen Gütern zuschiebt. Die allgemeine Anwendung des Werttarifs 
ist aber nicht zu empfehlen. 
„Ubrigens hat man in Wirklichkeit auch bei den Werttarifen noch 
anderen Gesichtspunkten Rechnung tragen müssen, z. B. der Schnellig- 
keit der Beförderung (höhere Fracht für Eilgut), der Sicherung gegen 
Witterungseinflüsse (bedeckte oder unbedeckte Beförderung), der Aus- 
dehnungsfähigkeit des Verkehrs, der wirtschaftlichen Bedeutung des 
Gutes usf. Das ist ein erneuter Beweis, wie wenig ein Aufbau des 
Tarifs auf einem Gesichtspunkte durchführbar ist. 
Ist dem aber so, 80o liegt der Gedanke ungemein nahe, mebrere 
Gesichtspunkte gleichzeitig zur Grundlage des Tariks zu machen, ins- 
besondere die Abstufung nach Wertklassen mit der Abstufung nach 
Wagenraum und Gewicht zu verbinden. Manchen erscheint das als 
widersapruchsvoll, weil sie davon ausgehen, daß die Abstufung nach dem 
Werte die Abstufung nach dem Wagenraum und dem Gewicht aus- 
schliehßen müsse. Das ist aber nicht der Fall. Wenn der „natürliche- 
Tarif die Versendung von Massengütern verbilligt, um eine bessere
	        
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