5. Kapitel. Das Tarifwesen. 345
besorgen läßt, aber zugleieh aueh diejenige, welche einer Ermäbigung
im Ort- und Vorortverkehr am meisten bedarf. Für die Wobnungs-
verhältnisse der grohbstädtischen Bevölkerung haben diese Erleichterungen
eine großbe Bedeutung.
Handelt es sich hier um Begünstigung des Nahverkehrs, so dreht
es sich bei einer siebenten Gruppe um Begünstigung des Fernverkehrs,
der bei den geltenden Regelsätzen zu teuer ist. Die Begünstigung des
Fernverkehrs erfolgt in der Form der festen Rundreisekarten und der
zusammenstellbaren Fahrscheinhefte für Reisende, die nach dem Aus-
gangspunkte zurückkehren. Teilweise sind auch Zeit- und Rück-
fahrkarten und Kilometerhefte von diesem Gesichtspunkte aus zu
erklären.
Alle solche Abweichungen gegen den Regeltarif, die häufig auch
das Geschäft der Fahrkartenlösung vereinfachen wollen, zeigen deutlich,
daß die regelmäbßigen Personentarife dem vorhandenen Bedürfnisse nicht
gerecht wurden und vielfach auch jetzt noch zu teuer sind. Das ganze
Personentarifwesen ist dadurch freilich sehr verwickelt geworden, und
der dem Personentarifwesen von vornherein zugrunde gelegte. dem
Personenpostwesen entnommene Gedanke des einfachen Entfernungstarifs
wird an sich dadurch nicht berührt. Nur in den Ermähigungen für
längere Reisen drückt sich ein anderer Gedanke aus, ohne voll zur
Geltung zu kommen, der Gedanke nämlich, daß sich bei längeren Be-
förderungsstrecken die Kosten für die Längeneinheit im Verhältnis ver-
mindern, was freilich nur mit den schon besprochenen Einschrän-
kungen gilt.
Die Regeltarife hbaben mit wenigen Ausnahmen diesen Umstand
außer Acht gelassen. Es sind meist Tarife, die einfach die Zabl der
Kilometer mit einem bestimmten, für alle Entfernungen gleich bleiben-
den Einheitssatze vervielfältigen. Dieser Gedanke beherrscht die Per-
sonentarife in Deutschland, Belgien, Frankreich, Grobßbritannien, Spanien,
der Schweiz usw.
Einen ganz anderen Weg verfolgen u. a. Dänemark, die Nieder-
lande und Norwegen; sie baben einen Staffeltarif, und nach dem bei
den Gütertarifen gesagten, das im wesentlichen auch für die Personen-
tarife gilt, muß die staffelförmige Tarifbildung als die zweckmähigste
angesehen werden. Sie gestattet die wirksamste und gerechteste Er-
mäbigung des Fernverkehrs.
Die vielfach empfohlene Form des Zonentarifs besteht in Ungarn
seit 1. August 1899, in Osterreich seit 16. Juni 1890, in Rußland seit
1./13. Dezember 1884, jetzt auch in Schweden und ltalien im Fernver-
kehr und hat sich im Vorort- und Nahverkehr grolher Städte wegen
Seiner leichten Handhabung vielfach eingebürgert. Der jetzige ungarische