364 IV. Abschuitt. Der Wasserverkehr.
die Beförderung des Gewerbefleihes und des Handelsverkehrs, wie sie
dem Merkantilsystem eigen war, das Verkebrsbedürfnis steigerte und zu
einer erhöhten Aufmerksamkeit wie für die Landstraben, so auch für
die Wasserstraßen führte.
Die Anwendung fester Wehre, wie sie auch nach dem Aufkommen
der Kammerschleuse zunächst noch bestehen blieben, batte den Nach-
teil, dab der Wasserablauf dauernd unterbrochen und deshalb nicht je
nach Bedarf zu regeln war. Dadurch wurde die Uberschwemmungs-
gefahr für die Ufer in der Nähe des Webres bei Eintritt von Hochwasser
bedeutend vergrößert, wenn der Fluß nicht sehr hohe Ufer hatte. Dber-
dies lagerte sich an die festen Wehre nach und nach das Geröll, der
Sand u. dgl. mehr, wie der Strom es mit sich riß, derart an, dabß die
ganze Anlage an Wert verlor. Zur Beseitigung dieses Nachteils be-
durfte es beweglicher, leicht zu handhabender Webre. Sie waren schon
1818 in Amerika und 1829 durch TlENAnD versucht worden; aber
erst das 1838 von PolnERB erfundene „Nadelwehr“ brachte die LÖösung.
Das Nadelwehr besteht aus achtkantigen, 10—15 cm starken Holzstäben,
die Kante an Kante in die Nute eines den Fluß durchquerenden Unter-
baues gestellt und durch das Wasser selbst mit ihrem Kopfe gegen eine
über dem Wasserspiegel verlaufende, an umlegbaren eisernen Ständern
befestigte Anschlagschiene gedrückt werden. Durch Wegnehmen einiger
Nadeln kann man die Aufstauung vermindern; durch Herausnehmen aller
Nadeln, Abnebmen der Anschlagschiene und Umlegen der Ständer wird
die Aufstauung ganz beseitigt. Alle diese Arbeiten erfordern nur sehr
wenig Zeit. Man bat es bei den Nadelwehren vollkommen in der Hand,
den allgemeinen Wasserstandsverhältnissen des Stromes entsprechend die
Aufstauung zu regeln, ohne dab die Dfer in der Nähe des Wehres durch
die Aufstauung einer Uberschwemmungsgefahr ausgesetzt werden.
Die Kanalisierung selbst solcher Flüsse, die sehr wechselnden Wasser-
stand haben, ist mittels der Nadelwehre möglich, und in Belgien und
namentlich in Frankreich hat man sich dieses Mittels in sehr ausgiebigem
Maße bedient. In Deutschland sind die Nadelwehre zuerst bei der Ka
nalisierung der Saar Anfang der 60er Jahre zur Anwendung gekommen.
Auch heute noch wird von dem Nadelwehre viel Gebrauch gemacht.
Aber es hat sich ergeben, daß es mit Vorteil nur bei Stauhöhen bis zu
3 m verwendbar ist, weil sonst die „Nadeln“ zu ungefüge werden, um
noch leicht gehandhabt werden zu können. Auch ist die Durchlässig-
keit der Nadelwehre bei wasserarmen Flüssen nicht erwünscht. Deshalb
sind je nach den Verhältnissen noch viele andere Wehrarten benutzt
oder in Vorschlag gebracht worden, die den Vorteil eines leicht zu hand-
habenden, hinreichend dichten, der Schiffahrt wenig hinderlichen wider-
standsfähigen beweglichen Wehres ohne die Nachteile anderer Bauarten
erreichen wollen, wie die Rollwandwehre, die Schützenwehre, die Klappen-