2. Kapitel. Entwickelungsgang. 367
ist es in Belgien zugegangen, wenn auch hier die Tätigkeit des Staates
die der anderen Stellen erheblich überwiegt. Die erwünschte Einbeit-
lichkeit des Netzes ist in beiden Ländern nocht nicht erreicht, da die
Leistungsfähigkeit der verschiedenen Kanäle noch sehr ungleich ist.
In England war bis Mitte des 18. Jahrhunderts die Verbesserung
der Wasserstraßen lediglich durch Flußbregulierungen erfolgt. Das erste
Kanalgesetz erging 1755 für den Sankeybrookkanal. Wichtiger als dies
wurde die 1759 dem HERZoG von BulbpEwAáAvkn# erteilte Genehmigung zur
Anlegung eines Kanals von den Worsley-Kohlengruben nach Manchester
auf seine Kosten. Dieser Kanal, 1759 begonnen und durch den damals
bedeutendsten Wasserbautechniker JaNES BurNpET erbaut, erregte schon
durch seine großbartigen Kunstbauten Bewunderung. Er durchschnitt
Höhenzüge mit Tunnels, er überschritt die Vereinigung des Irwell und
Mersey auf einem kühnen Ubergange; er hatte eine Niederung mit
einem gewaltigen Damme überwunden. Dazu kam der bedeutende wirt-
schaftliche Erfolg, der in einer starken Ermäßigung der Kohlenpreise
für Manchester bestand, und auch das günstige finanzielle Ergebnis.
Von diesem Kanalbau an beginnt die große englische Kanalbauzeit.
Die Träger waren nicht — wie in Frankreich — der Staat, sondern
genehmigte Erwerbsgesellschaften. Der HEhzog von BnlpoEWaTER stellte
noch mit Bnlxblr zusammen auf Grund der Genehmigung von 1762
den Kanal von lLiverpool nach Manchester (mit 10 Schleusen 82 Fuz
zum Mersey herabsteigend) und auf Grund der Genehmigung von 1786
das Kanalnetz zwischen dem Herzen von Lancashire und Manchester-
Liverpool ber. Besonders im letzten Jahrzehnt des 18. Jabrhunderts
wurde eine so eifrige Tätigkeit entwickelt, daß man bald von einer
Kanalbausucht sprechen konnte. Im Beginn der 20 er Jahre des 19. Jahr-
hunderts gab es über 80 Kanalgesellschaften, die ihr großes Aktienka-
pital von über 1/ Milliarde Mark gut verzinsten. Das Kanalnetz um-
faßte 1820 im ganzen 4168 km.
Nach 1830 traten nach und nach die Eisenbahugesellschaften in
den Vordergrund. Die Erträge der Kanalgesellschaften gingen seit Ende
der 30er Jahre zurück, und der Zuwachs an Binnenkanälen ist seitdem
nur mäbßig gewesen, zumal England für seinen Massenverkehr die See-
fahrt in ausgiebiger Weise verwerten kann. Bis 1898 war das Kanalnetz auf
6133 km gewachsen; seitlem hat der Kanalbau fast ganz geruht.
Die Eisenbabungesellschaften hatten viele Kanäle aufgekauft, weniger um
den Eisenbahnbetrieb zu ergänzen, als um dem Wettbewerbe der Ka-
näle zu entgehen. Bis 1846 waren 1248 km, bis 1857: 2730 km Kanäle
auf die Eisenbahnen übergegangen. Den Kanälen gereichte dieser Be-
sitzwechsel nicht zum Vorteil. Die Eisenbahugesellschaften vernach-
lässigten die Kanäle und stellten nicht selten deren Betrieb ein. Durch den
Ankauf wichtiger Verbindungsglieder des Netzes verschafften sie sich