Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

392 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr. 
ist die Aufgabe des 1901 eröffneten Königsberger Seekanals, der in 
125 km Länge von Pillau durch das Frische Haff nach Königsberg 
führt. Er ist 6 ½ m tief bei Mittelwasser, an der Sohle 30 m breit, 
an einigen Stellen noch breiter. Die Benutzung ist Schiffen bis zu 
6 m Tiefgang gestattet. Die Ausführung hat 12,3 Mill. M. gekostet und 
ist durch einen Gewährbetrag der Königsberger „Kaufmannschaft“ von 
158500 M. jährlich erleichtert worden. 
Paris zum Seechafen zu machen, wird schon lange angestrebt und 
neuerdings auch von der Regierung gefördert. Ein 1886 ausgearbeiteter 
Plan, auf den man jetzt zurückgreift, will die Seine, die bis Rouen schon 
5 ½ m Tiefe hat, also für kleine Seeschiffe bis zu 3000 t fahrbar ist, 
mit Hilfe der Kanalisierung bis Paris auf 6 ½ m Fahrtiefe bringen. Die 
Kosten werden auf 100 Mill. Frs. geschätzt. 
In Italien wird für Rom eine Verbindung mit dem Meere angestrebt, 
deren Kosten auf 200 Mill. Frs. veranschlagt werden, ebenfalls schon 
ein alter Plan. In Belgien sucht Brüssel eine solche Verbindung zu er- 
halten, was schon seit dem 16. Jahrhundert angestrebt wird. Die jetzige 
Wasserverbindung Brüssels mit der Schelde ist gänzlich ungenügend. 
Brügge, dessen Zugang zur See seit 1470 versandet ist, hat seit 1906 in 
Zeebrügge einen eigenen Hafen, der mit Brügge durch einen 14 km 
langen Kanal von Sm Tiefe verbunden ist. Die Anlage hat 41,5 Mill. Frs. 
gekostet. Ob der Verkehr sich einstellen wird, der zur wirtschaftlichen 
Verwertung der Anlage nötig ist, muß abgewartet werden. Für die 
großen Weltbandelsstralen liegt Brügge nicht günstig, und ob trotzdem 
ein Anlegen der Uberseedampfer lohnen wird, ist noch zweifelbaft. Für 
den näheren Seeverkehr kann sich die Sachlage anders gestalten. Auch 
Amsterdam ist durch einen Seekanal, den „Noordzeekanaald mit der See 
verbunden. Er ist 1865—1886 zum Ersatz des unzulänglich gewordenen 
Nordholländischen Kanals erbaut und soll jetzt auf 10,5 m Tiefe und 
auf 50 m Sohlenbreite gebracht werden. In Deutschland dreht es sich 
nicht nur um die Hauptstadt Berlin, sondern auch um das schon früher 
für den Seeverkehr wichtige Köln. Dabei ist zu beachten, daß kleinere 
Seedampfer schon jetzt bis Köln hin verkehren, und daß Köln der Aus- 
gangspunkt einer Reihe regelmäbiger Dampferlinien nach europäischen 
Hafenplätzen und rechtlich als Seebafen anerkannt ist. Was angestrebt 
wird, ist die Schiffbarmachung des Rheins von Köln ab abwäürts für 
größere und tiefergehende Seeschiffe. 
Was von den besprochenen und den sonst noch vorhandenen, 
keineswegs seltenen Bemübungen zur Erreichung eines für große Schiffe 
benutzbaren Zuganges zum Meere verwirklicht werden kann, muhß die 
nähere Prüfung im einzelnen Falle ergeben. Die technische Durchführ- 
barkeit dürfte bei dem heutigen Stande des Wusserbauwesens wohl in 
den meisten Fällen anzunehmen sein. Wie bei allen Verkehrsaufgaben
	        
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