398 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr.
Personenverkehr zur See konnte man sich mit den Nachteilen des groben
Kohlenverbrauchs abfinden, da hier die durch die Dampfkraft erreichte
Schnelligkeit und Pünktlichkeit einen Ausgleich bot. Beim Güterverkehr
zur See schränkte dagegen die Notwendigkeit, große Kohlenvorrüte mit-
zunehmen, den Laderaum 8so sehr ein, daß bier die Dampfkraft erst zur
Geltung kommen konnte, als man den Kohlenverbrauch wesentlich zu
vermindern verstanden hatte. Seit den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts
wurden die bisher üblichen liegenden Maschinen durch stehende Ma-
schinen ersetzt; zugleich begann man mehr Hochdruckmaschinen zu ver-
wenden und den Dampf, der vordem nur in einem Zylinder Arbeit ge-
leistet hatte, durch Uberleitung in einen zweiten Zylinder zu nochmaliger
Ausdehnung („Expansion“), also zu nochmaliger Arbeitsleistung zu
bringen und dadurch wirksamer auszunutzen. Die „Zweilach-Expan-
pasions-(Compound-) Maschine“ beruht auf der Erfindung von Mokrrz
RogxreEN (1795—1852) und ist zuerst 1858 von Jolnd Erpzs in einem
Dampfer verwendet worden. Sie ermöglichte gegenüber den leistungs-
fähigsten Niederdruckmaschinen eine bedeutende Kohlenersparnis und
bürgerte sich in der Schiffahrt bald ein. Mit Hilfe dieser Maschinenart,
an deren Verbesserung natürlich eifrig gearbeitet wurde, gelang es, den
Kohlenverbrauch bis auf 0,85 kg für die Pferdekraftstunde herunterzu-
bringen. Eine weitere Ermäbigung des Kohlenverbrauchs — bis auf
0,65 kg für die Pferdekraftstunde — wurde durch die von KlRR in
Glasgow erdachte „Dreifach-Expansions-Maschine“ erzielt, die sich seit
882 verbreitete. Die seit 1889 aufgekommene „Vierfach- Expansions-
Maschine“ bat in dieser Beziehung keinen Fortschritt mehr gebracht.
Uberbaupt scheint die Kolbendampfmaschine zu erhöhten Leistungen über
das schon erreichte hinaus nicht gebracht werden zu können, wenigstens
nicht, solange an der Verwendung des gesättigten Dampfes für Schiffs-
maschinen festgehalten wird. Uberhitzter Dampf (Heißdampf), der im Eisen-
bahnwesen neuerdings vielfache Verwendung findet, ist in der Seeschiffahn
zuerst 1837 auf dem Dampfer „Don Juan“ und danach auch auf vielen
anderen Schiffen in England, Deutschland und Frankreich gebraucht worden.
Die dabei erzielten Vorteile waren aber nicht groß genug gegenüber den
Nachteilen, die sich daraus ergaben, dalß die damals üblichen Schmier-
und Dichtungsmittel den hohen Wärmegraden des überhitzten Dampfes
nicht gewachsen waren. Nachdem dieser Nachteil durch die jetzt ge-
brauchten Mineralöle und Metallpackungen beseitigt ist, bemüht man sich,
auch im Dampfschiffswesen die Vorteile zur Geltung zu bringen, die bei
Uberbitzung des Dampfes zu erzielen sind. Sie bestehen darin, daß das
aus dem Kessel mitgerissene Wasser noch verdampft und das Nieder-
schlagen des Dampfes beim Eintritt in die Zylinder vermieden wird:
bei gesättigtem Dampfe schlagen sich 20—30 v. H. an den Zylinder-
wänden nieder. Mit Ventil-Heißdampfmaschinen sind in den letzten