102 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr.
kraftmaschinen in Segelschiffe gemacht worden. Der damalige Stand
der Herstellung solcher Maschinen war aber nicht entwickelt genug, um
dauernde Erfolge zu sichern. Auch als 1892 zum erstenmal in einen
groben Seesegler ein Hilfsmaschine eingebaut werden sollte, genügten
die Verbrennungsmaschinen noch nicht für diesen Zweck. In die Fünf-
mastbark „Maria Rickmers“ ward deshalb eine Dampfmaschine von
750 Pferdestärken eingebaut. Das Schiff ist auf der Rückreise von
Kalkutta verschollen. Dieselbe Reederei ließ 1905 wiederum eine Dampf-
maschine — diesmal von 1160 Pferdestärken — in eine Fünfmastbark
„R. C. Rickmers“ einbauen und hat mit dem Fahrzeuge kürzere Zeiten
erreicht, als sie reinen Seglern in der Regel möglich sind.
Inzwischen war seit 1897 die DlEsEIsche Rohölkraftmaschine ent-
wickelt worden, die mit billigerem Betriebsstoff und mit viel besserer
Nutzleistung zu arbeiten vermag, als andere für Schiffahrtzwecke in
Betracht zu ziehenden Verbrennungs- und Dampfmaschinen. Diese
Gleichdruckmaschine ist seit 1903 als Schiffsmaschine ausgebildet worden
und scheint berufen, die neue Betriebskraft in die Großschiffahrt ein-
zuführen. Sie spart an Raum und Gewicht, da die Kessclanlagen weg-
fallen. Sie verlangt nur /1—1½ der Brennstoffvorräte der Sauggas-
maschinen (Antrazitkohle, Koks usw.) und nur /5— der Brennstoff-
vorräte der Dampfmaschinen von gleicher Kraft. Sie hat eine Nutz-
leistung von 36,8 v. H. der aufgewendeten Verbrennungswärme und
wird darin von keiner anderen für Schiffahrtszwecken verwendbaren
Verbrennungsmaschine, auch nicht von der Sauggasmaschine (31 v. H.)
und vollends nicht von der Dampfmaschine (14,9 v. H.) erreicht.
Dazu kommt die schnelle Betriebsbereitschaft, die weit über die der
Dampf- und Sauggasmaschine hinausgeht, die Vermeidung gefäbrlicher
Gase, die einfachere Bedienung, der höhere Entflammungspunkt gegen-
über den leichtflüchtigen flüssigen Brennstoffen usw. In Fachkreisen
werden große Hoffnungen an diese Maschine in bezug auf die Groß=
schiffahrt zur See geknüpft. Mit Diesel- und anderen Verbrennungs-
maschinen werden jetzt Versuche zur Erzielung hoher Pferdestärken auf
jede Welle gemacht, und Versuchsmaschinen von 1000—2000 Pferde-
stärken sind im Bau. Wenn die Versuche gelingen, wird es möglich,
auch große Seeschiffe mit hoher Kraft durch Verbrennungsmaschinen
auszustatten, und damit würden wesentliche Umgestaltungen im Schifl-
fahrtswesen eingeleitet werden. In Bordeaux ist 1911 ein Fünf-
mastschiff aus Stahl „La France mit 2 Petroleumkraftmaschinen von
je 900 PS. ausgerüstet worden; der Petroleumverbrauch ist 220 gr. für die
Pferdestärkestunde. Das Schiff wird außerdem 6500 dm Segelfläche
haben. Für die Deutsch-amerikanische Petroleumgesellschaft wird im
Kiel ein Petroleumtankschiff mit 2 Dieselkraftmaschinen von zusammen
3500 Pferdestärken gebaut.