Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

4. Kapitel. Die Aufgaben d. öffentl. Gewalt gegenüber dem Wasserverkehrswesen. 445 
behörden oder von den Gemeindebehörden, aber bezüglich ibres gemein- 
schaftlichen Inhalts auch auf besonderen Hafengesetzen beruhen, wie in 
England, Frankreich, Norwegen, Dänemark usw. In Preubßen ist nach 
dem Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 
der Handelsminister, der Oberpräsident oder der Regierungspräsident für 
den Erlaß der Hafenordnung zuständig, je nachdem die Verordnung 
über das Gebiet einer Provinz oder eines Regierungsbezirkes binaus- 
greift oder sich auf einen Regierungsbezirk beschränkt. Eine allgemeine 
Regel läht sich nicht aufstellen. Die Ausübung der Hafenpolizei liegt 
vielfach in den Händen eines besonderen staatlichen Beamtenkörpers. 
Die Anlage und Unterhaltung der Seehäfen für den Handelsverkehr 
wird bisweilen als eine Aufgabe der betreffenden Stadtgemeinden an- 
gesehen, denen in erster Linie die Vorteile eines solchen Hafens zufallen. 
Indes schliebt diese Tatsache nicht nur nicht das Eingreifen der höheren 
Stufen der öffentlichen Gewalt, insbesondere des Staates, aus, sondern 
es muß im allgemeinen dieses Eingreifen sogar als nötig ange- 
schen werden. Denn mit jedem Hafen von guter Beschaffenheit und 
günstiger Lage zum Weltverkehr verbinden sich auch sehr weitgehende 
Bedürfnisse des gesamten Hinterlandes. Diese allgemeine Bedeutung 
der Sechäfen rechtfertigt nicht nur das staatliche Hoheitsrecht darüber, 
sondern bedingt auch die Pflicht und das Recht des Staates, überall da 
einzugreifen, wo das Gesamtwohl es erheischt. Der Staat wird sich 
zunächst selbst da, wo der Gemmeinde die Anlage und Unterhaltung des 
Hafens überlassen ist, die Prüfung und Genehmigung der Entwürfe zu 
den vorzunehmenden Anlagen vorbehalten müssen. Er wird weiter die 
Kosten der Anlage teilweise oder auch ganz zu übernehmen haben, 
wenn die Anlage nicht ausschlieblich im Bedürfnisse des Platzes liegt. 
Unter Umständen ist auch die Beteiligung der Provinz angemessen. Die 
tatsächlichen Verhältnisse sind in dieser Hinsicht recht mannigfaltig. 
Allenthalben findet sich zwar in den vorgeschrittenen Staaten das Recht 
des Staates zur Prüfung und Genehmigung der bezüglichen Pläne 
grundsätzlich ausgesprochen, es wird aber begreiflicherweise sebr ver- 
schieden gehandhabt. Die Aufbringung der Kosten erfolgt bald ledig- 
lich durch den Staat, bald durch diesen und die niederen Stufen der 
öffentlichen Gewalt gemeinsam, bald durch die Gemeinden selbst. In 
Preußen ist die Aufbringung der Anlage- und Unterhaltungskosten meist 
Sache der betreffenden Städte selbst. 
In den Bereich der Staatstätigkeit gehören weiter die Mabnahmen, 
die eine geeignete Ausbildung der Führer und Mannschaften der See- 
schiffe bezwecken. Die Sicherheit des Seeverkehrs hängt davon wesent- 
lich ab. Der Staat muß einen ausreichenden Nachweis der Befähigung 
verlangen, das Prüfungswesen regeln, die nötigen Unterrichtsanstalten 
der verschiedenen Stufen errichten und unterhalten oder ihre Errichtung
	        
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