4. Kapitel. Die Aufgaben d. öffentl. Gewalt gegenüber dem Wasserverkehrswesen. 455
zwischen den Gemeinden auch nach ihrer Leistungsfähigkeit in gewissen
Grenzen gemacht werden muß, ist zuzugeben, wenn es auch in den
beteiligten Kreisen nicht selten zu mihverständlicher Auffassung
führt. Die Unterhaltung der Häfen, die für den öffentlichen Verkehr
bestimmt sind, wird im allgemeinen den Gemeinden zugewiesen werden
müssen.
Das Oberaufsichtsrecht des Staates in bezug auf die Hafenanlagen
an öffentlichen Flüssen muß selbstverständlich unter allen Umständen
gewahrt werden, auch in den Fällen, in denen eine Gemeinde ganz
aus eigenen Mitteln den Hafenbau bestreitet; es wird sich insbesondere
darin zu äubern baben, daß die entworfenen Pläne der Prüfung und
Genehmigung der zuständigen Staatsbehörden unterliegen.
Dasselbe muß für die künstlichen Wasserstraßben gelten, mögen sie
vom Staate oder von Privatgesellschaften oder von Gemeinden geschaffen
werden. Der Staat mubß kraft seines Oberaufsichtsrechtes zunächst dafür
sorgen, dabß die Ausrüstung und Ausgestallung des Kanals denjenigen
Mindestanforderungen entspricht, welche behufs Ermöglichung ungebin-
derten Verkehrs gröberer Fahrzeuge gestellt werden müssen. Wie
wichtig es ist, daß die miteinander in Verbindung stehenden Kanäle und
Sonstigen Binnenwasserstraben möglichst gleiche Mindestabmessungen
zeigen, ist bereits hervorgehoben. Diesen Grundsatz zur Geltung zu
bringen, soweit die natürlichen Verbältnisse ihn überbaupt als durch-
führbar erscheinen lassen, ist nur der Staat imstande. Auch da, wo
aus besonderen Gründen für den Augenblick von den regelmäßigen Ab-
messungen abgesehen werden mut, erheischt schon der Grundsatz der
Wirtschaftlichkeit, das Mauerwerk der Kais, Hafenmündungen, Schleusen,
usw. 80 tief zu gründen, dabß eine spätere Annäherung an die regel-
mäbigen Abmessungen unter Beibehaltung des seitherigen Mauerwerkes
möglich ist.
Weiter ist es bei den Kanälen nötig, einen bestimmten Plan für
ein vollständiges, den natürlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des
Landes angepaßtes Netz von Binnenwasserstraßen festzustellen und
dementsprechend die Linienführung der einzelnen Kanalstrecken zu
regeln. Da Kanäle ohne staatliche Genehmigung nicht gebaut werden
können, so liegt die Möglichkeit zu einer solchen Regelung der Linien-
führung selbst da vor, wo der Kanalbau ganz oder überwiegend der
Privattätigkeit überlassen ist.
Das letztere Verfahren ist in England befolgt worden. Auch in
Schweden hat die private Betätigung beim Kanalbau eine Rolle
gespielt, wenn auch nicht in gleichem Maße, wie in England. In
Frankreich war im 17. und 18. Jahrhundert das Genehmigungswesen
wiederholt in Anwendung gebracht worden, die französische Republik
beseitigte aber seit 1790 die meisten früheren Genehmigungen.