456 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr.
Das Gesetz vom 20. Mai 1804 erklärte sämtliche Wasserstraßen als
Staatsdomäne. Doch war kurz vorher wieder mehrmals zu Genehmigungen
gegriffen worden. Die Kriegsnöte der folgenden Jahre fübrten sogar
zum Verkauf mehrerer Staatskanäle. Auch in den nächsten Jahrzehnten
kamen noch Genehmigungen vor. Daneben wurde zeitweilig laut Gesetz
vom 5. August 1821 und 11. August 1822 eine Heranziehung privater
Anleihen mit Beteiligung der privaten Geldgeber am Reingewinn und
laut Gesetz vom 6. Juni 1843 eine Beihilfe der beteiligten Departements,
Gemeinden usw. angewandt. Auf solche Beibilfen griff die Regierung
auch in den 70 r Jahren zurück. In der Hauptsache aber ist seit Be-
ginn der 60 er Jahre Bau und Unterbaltung der Kapäle vom Stagte be-
wirkt worden, und von den Privatkanälen wurde ein erheblicher Teil
für den Staat erworben. Nachdem das Gesetz vom 5. August 1879 die
Unterscheidung in „lignes principales“ und „lignes secondaires“ ein-
geführt batte, fiel Bau und Verwaltung der Hauptlinien ausschlieblich
dem Staate zu. Nach den Wasserstrabengesetzen vom 23. und 21. De-
zember 1903 wird von den beteiligten Departements, Gemeinden und
Handelskammern die Hälfte der Baukosten unter Uberlassung des
Rechtes auf Abgabenerhebung und des Schleppmonopols verlangt.
In den Vereinigten Staaten von Amerika baben frübher die Erwerbs-
unternehmungen für den Kanalbau Bedeutung gehabt; später sind die
Einzelstaaten in den Vordergrund getreten, und auch der Gesamtstaat
hat sich im Kanalbau betätigt.
In Deutschland hat ebenfalls die staatliche Betätigung stets im
Vordergrunde gestanden, was auch durch die neuerlich verstärkte Heran-
ziehung der beteiligten Provinzen, Städte und gewerblichen Kreise
zu den Anlagekosten bvicht beseitigt ist. Nur ganz wenige der eigent-
lichen Schiffahrtskanäle sind im Eigentum von Gemeinden, Privaten
und Genossenschaften. Alle anderen sind Staatskanäle, und zwar liegt
der größte Teil in der Hand des preubßischen Staates, neben dem Bayern
und das Reich (für Elsaß-Lothringen) noch eine wichtige Rolle als
Kanaleigentümer spielen. Rubßland und OÖsterreich haben gleichfalls fast
ausschließlich Staatskanäle. CÖsterreich zicht aber nach dem Gesetz vom
12. Juni 1901 jetzt ebenfalls die beteiligten Landesteile und Städte
heran. In Belgien gehören die mit Gebühren belegten Kanäle meist
dem Staate, ein kleiner Teil den Provinzen, Gemeinden, Wassergenossen-
schaften und mit Genehmigung ausgerüsteten Privaten. In Holland
dagegen gehört Dnur der kleinere Teil dem Staate. Bei den übrigen
Kanälen sind Provinzen, Gemeinden und Wassergenossenschaften und
in erheblich geringerem Umfange auch Private als Eigentümer zu ver-
zeichnen.
Im allgemeinen wird es heute als berechtigt, zweckmähßig und not-
wendig anerkannt, daß der Staat im Kanalban die Führung übernimmt.