4. Kapitel. Die Aufgaben d. öffentl. Gewalt gegenüber dem Wasserverkehrswesen. 465
Die Binnenhäfen sind grundsätzlich in gleicher Weise zu bebandeln
wie die Sechäfen, was in der schon erwähnten neuen Fassung des
Art. 54 Abs. 4 auch äuberlich zum Ausdruck kommt. Der darin auf-
gestellte Grundsatz der vollen Eigenkostendeckung kann als der
herrschende angeschen werden, wenn auch in einzelnen Binnenhäfen
nicht für die Hafenbenutzung, sondern nur für die beanspruchten beson-
deren Arbeitsleistangen, für Benutzung der Lagerhäuser, der Krane
usw. Gebühren erhoben werden.
Bei den Binnenwasserwegen ist vorweg der nur flößbaren Wasser-
wege zu gedenken. Es ist klar, daß auf besonderen Floßkanälen, bei
Benutzung von Floßschleusen usw. von der unentgeltlichen Darbietung
der Leistung im allgemeinen nicht die Rede sein kann. Abgaben bis
zum vollen Betrage der Eigenkostendeckung können keinesfalls bean-
standet werden. Anders ist es mit der Befahrung der nur flößbaren
Strecken der natürlichen Wasserwege. Hier findet eine kostspielige Für-
Ssorge für die Beschaffenbeit des Fahrwassers nicht statt, und ein innerer
Grund zur Erhebung von Befahrungsabgaben läht sich auf solchen
Strecken nicht finden. Das ist auch der Standpunkt des deutschen
Gesetzes vom 1. Juni 1870 „über die Abgaben von der Flößerei“ Es
erlaubt auf den nur flößbaren Strecken der natürlichen Wasserstraßen,
die mehreren Bundesstaaten gemeinschaftlich sind, von der Flößerei mit
verbundenen Hôölzern Abgaben nur für Benutzung besonderer zur Er-
leichterung des Verkehrs bestimmter Anstalten, aber nicht für die Be-
mutzung solcher Strecken zur Flohfahrt. Vorhandene, dem widersprechende
Abgaben sind gegen Entschädigung aus Reichsmitteln abgelöst, wenn
das Recht zur Abgabenerhebung auf einem lästigen Privatrechtstitel
beruhte und nicht einem Bundesstaate zustand.
Die Floßfahrt auf schiffbaren Gewässern wird in dieser Beziehung
mit der Binnenschiffahrt auf gleichem Fubße behandelt.
Bei den schiffbaren Binnenwasserstraben jeder Art ist für den Fall,
daß der Staat oder Selbstverwaltungskörper die Verkehrsleistung selbst
übernimmt, die Erhebung von Abgaben nicht zu beanstanden, die über
die Kostendeckung binaus noch einen Oberschuß lassen. Irgend ein
Anlaß, solche Verkehrsdienste, die bei jedem Erwerbsunternehmer voll
vergütet werden mühten, von Staats oder Provinz oder Gemeinde wegen
ohne Nutzen zu bieten, liegt nicht vor, am allerwenigsten dann, wenn
die öffentliche Gewalt keinen Verkehrszwang ausübt oder überhaupt in
Wettbewerb zu Erwerbsunternehmungen tritt. Auch bei einem ökkfent-
lichen Verkehrsmonopol für bestimmte Teile des Verkehrs wird eine
Beschränkung auf die bloße Eigenkostendeckung nicht nötig sein, wenn
nicht besondere Umstände aus allgemeinen Rücksichten ein anderes Vor-
gehen erheischen.
VAN D Bonelkr, Verkehrswesen. 2. Aufl. 30