Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

470 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr. 
herangezogen werden. Auch mubß auf die Fälle Rücksicht genommen 
werden, in denen der künftige Stromaufwand nicht lediglich für Ver- 
kebrszwecke erfolgt; der Aufwand für andere Zwecke kann nicht 
durch die Befahrungsabgaben mit gedeckt werden. Bei solchem Vor- 
gehen können sich die beteiligten Verkehrskreise wohl abfinden mit 
Befahrungsabgaben, die dem Verkehrsfortschritt Vorschub leisten. 
Diesen Grundsätzen ist neuerdings in Deutschland eine bemerkens- 
werte Anwendung gegeben worden. Die Einführung von Schiffahrtsabgaben 
auf den zugunsten der Schiffahrt regulierten Flüssen ist durch § 19 des 
preubischen Wasserstraßengesetzes vom 1. April 1905 vorgeschrieben 
derart, dabß der Ertrag eine angemessene Verzinsung und Tilgung derjenigen 
Aufwendungen ermöglicht, „die der Staat zur Verbesserung oder Ver- 
tiefung jedes dieser Flüsse über das natürliche Maß binaus im Interesse der 
Schiffahrt gemacht hat“. Der bisherige Art.5 4 Abs. 4 der Reichsverfassung 
ließ auf natürlichen Wasserstraben Abgaben nur für Benutzung beson- 
derer Anstalten zur Erleichterung des Verkehrs (bis zur Höhe der Kosten. 
für Unterhaltung und gewöhnliche Herstellung) zu. Die Vereinbarkeit 
dieser Vorschrift mit dem § 19 des preußischen Gesetzes vom 1. April 1905 
ist vielfach bestritten worden. Das Reichsgesetz, betr. den Ausbau der 
deutschen Wasserstraben und die Erhebung von Schiffahrtsabgaben, vom 
24. Dezember 1911 stellt zur Beseitigung dieser Zweifel den Grundsatz 
auf, daß auf natürlichen Wasserstraben Abgaben nur für solche An- 
stalten (Werke und Einrichtungen) erhoben werden dürfen, die zur 
Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind, und zwar bei staatlichen oder 
kommunalen Anstalten oder Wasserstraben nur bis zur Höbe der Kosten 
der Herstellung (d. h. der Zinsen und Tilgungsbeträge für die auf- 
gewendeten Kapitalien) und der Unterhaltung. Bei Bemessung von Be- 
fahrungsabgaben können die Gesamtkosten für eine Wasserstrabe, ein 
Stromgebiet oder Wasserstrabennetz zugrunde gelegt werden. Zur Auf- 
bringung von Mitteln zur Verbesserung und Unterhaltung von näher 
bezeichneten natürlichen Wasserstraben zugunsten der Binnenschiffahrt 
werden auf bestimmt bezeichneten Strecken der Stromgebiete des Rheins, 
der Weser und der Elbe Befahrungsabgaben erhoben. Die Befahrungs- 
abgaben werden in den Strombauverbänden nach einheitlichen Tarifen 
erhoben. Der Ertrag der Abgaben fliebt in gemeinsame Stromkassen 
und wird an die Verbandsstaaten nach Maßgabe der laut Gesetz von 
ihnen zu deckenden Aufwendungen verteilt. Soweit Vereinbarungen mit 
anderen Staaten über die Abgabenfreiheit auf deutschen Flußstrecken 
bestehen, wird das Gesetz natürlich noch der Ergänzung durch Ab- 
machungen mit ausländischen Staaten bedürfen. 
Erwähnt sei noch, dabß u. a. die Abgabenfreiheit der Strombefahrung 
für die Elbe durch den Elbschiffahrtsvertrag vom 23. Juni 1821, für 
den Rhein durch den verbesserten Rheinschiffahrtsvertrag vom 17. Ckt.
	        
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