4. Kapitel. Die Aufgaben d. öffentl. Gewalt gegenüber dem Wasserverkehrswesen. 471
1868 eingeführt und für alle deutschen Ströme durch die Verfassung
des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs festgelegt war.
In Elaß-Lothringen trat die Abgabenfreiheit 1873 ein. Für die Donau
war in der Berliner Kongrebakte vom 13. Juni 1878 Csterreich-Ungarn
beauftragt, die Schiffahrtshindernisse am Eisernen Tore zu beseitigen und
zu dem Zwecke eine vorläufige Abgabe von Schiffen jeder Flagge zu
erheben. Frankreich hat die Abgabenfreiheit der Strombefahrung 1860
eingeführt. Auch die Niederlande folgen diesem Grundsatze. Belgien
hat 1886 die Abgaben auf kanalisierten Flüssen auf 0,13 Pf. für 1 tkm
festgesetzt für beladene Schiffe, während leere Schiffe frei sind. Ruß-
land erhebt eine allgemeine Abgabe von 1/1 v. H. des erklärten Wertes,
deren Ertrag zur Verbesserung von Wasserstraben überhaupt verwendet
wird, und ferner eine besondere Abgabe von 11— /2 v. H., ausnahms-
weise bis zu 5 v. H. des erklärten Wertes zur Verbesserung derjenigen
Wasserstraßen, auf denen sie erhoben werden. An gewissen Orten
werden noch Abgaben erhoben für Deckung der Kosten für die Beamten,
die mit der Uberwachung und Vertretung der Schiffahrt betraut sind. Mit
den Abgaben wird nur ein Teil des wirklichen Aufwandes gedeckt.
Der Mabßstab, nach welchem die Binnenschiffahrtsabgaben bemessen
werden, ist sehr verschieden. Die Abstufung der Wasserstrabengebühren
lediglich nach der zurückgelegten Entfernung kann nicht als das richtige
angesechen werden. Die Kosten der Unterhaltung sowie die Verzinsung
und Tilgung des Anlagekapitals lassen sich in erkennbarer Weise nicht
nach den durchfahrenen Strecken aussondern. Noch weniger läßt sich
ein Grund finden, weshalb die Gebühr für Berg- und Talfahrt ver-
schieden bemessen wird, wie es in einzelnen Fällen auf nicht staat-
lichen Kanälen in Frankreich geschieht. Man könnte bei derartigen
Abstufungen höchstens den Gesichtspunkt geltend machen, dab der Vor-
teil, der aus der Wasserstrabe deren Benutzern erwächst, verschieden
ist, je nachdem die Fahrt zu Berg oder zu Tal, für lange oder für
kurze Strecken erfolgt. Indes lassen sich auch diese Unterschiede so
schwer ermitteln, daß ein gerechter Mahstab für die Gebührenbemessung
nicht darin gefunden werden kann.
Auf die Unterhaltungskosten ist in gewissem Grade die Art der
Schiffe von Einflubß; ein Dampfer wühlt das Wasser mehr auf, als
die durch Segel oder Schiffszug bewegten Fahrzeuge, sodaß sich von
diesem Gesichtspunkt aus eine stärkere Belastung der Dampfer recht-
fertigt.
Nicht selten werden die Wasserstraßengebühren abgestuft nach der
Tragfähigkeit der Schiffe, wobei gewisse Klassen gebildet werden. Der
Vorzug dieser Bemessungsart ist der, daß die Ermittelung des Gebübren-
Satzes sehr einfach ist. Auch ist es nicht unberechtigt, daß ein Schiff,
das mit 1000 t belastet die Wasserstraße befahren kann, mehr zu den