Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

474 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr. 
über der Seeschiffahrt zwischen diesen Häfen, sondern auch für große 
Weltverkehrslinien, z. B. von der Bahnverbindung durch Sibirien mit 
Ostasien gegenüber der Seeverbindung von Europa dorthin durch den 
Suczkanal. Die Eisenbahn steht zwar der Seefahrt in bezug auf die 
Billigkeit der Fahrpreise und Frachten für die Beförderungs- und Strecken- 
einheit nach, aber sie kann ihre größere Schnelligkeit, Sicherheit und 
Pünktlichkeit nicht selten auf Strecken verwerten, die bedeutend kürzer 
sind als die in Frage kommenden Seelinien, und dadurch kann der ge- 
samte Beförderungsaufwand vom Ausgangs- bis zum Zielpunkte billiger 
und der Zeitverbrauch bedeutend geringer werden als bei der Seefahrt. 
Im Personenverkehr und bei der Beförderung hochwertiger oder auf 
schnelle Bewegung angewiesener Güter wird sich ein solcher Wettbe-- 
werb fühlbar machen; bei Schwer- und Massengütern wird das aller- 
dings viel seltener eintreten. 
Dieser Zustand lebhaften Wettbewerbes hat nicht immer bestanden. 
Gerade in dem später so heiß umstrittenen Verkehr von den Nordsee- 
häfte und der englischen Küste nach Nordamerika haben in den An- 
fangszeiten der regelmäßigen Dampferlinien die wenigen großben Gesell- 
schaften, die anfangs den Verkehr pflegten, von Wettbewerb wenig oder 
nichts gespürt und fast eine Alleinherrschaft ausüben können, die ihnen 
die einseitige Festsetzung der Beförderungspreise ermöglichte. Erst die 
Vermehrung der Zahl und die Ausdehnung der Betätigung dieser Ge- 
sellschaften und die erleichterten Verbindungen zu den europäischen 
Ausgangshäfen haben zu starkem Wettbewerbe geführt, der zeitweilig — 
in den 70er und 80er Jahren — zu erbitterten Kämpfen mit verlust- 
reichen Preisunterbietungen Anlab gab. Das Gegenmittel wurde bald 
gefunden; es bestand in dem Aufsaugen von Wettbewerbungsunter- 
nehmungen durch die großen Gesellschaften und in der Vereinigung zu 
Verbänden. Die festländischen Linien für diesen Verkehr mit Ausnahme 
der französischen schlossen bereits 1885 eine Vereinbarung, die aber nur 
wenige Jahre bestand. Sie wurde 1892 durch den „Nordatlantischen 
Reedereiverband" ersetzt, der jeder der beteiligten Gesellschaften (Ham- 
burg-Amerika-Linie, Norddeutscher Lloyd, Red Star Line zu Antwerpen, 
Niederländisch-Amerikanische Dampfschiffsgesellschaft zu Rotterdam) einen 
bestimmten Verkehrsanteil am Zwischendecksverkehr zuwies und den gegen- 
seitigen Wettbewerb hierbei ganz ausschaltete. Englische Linien schlossen 
sich 1895 an; 1896 trafen die festländischen Gesellschaften auch über 
die Kajütenfahrpreise eine Vereinbarung. Für den Güterverkehr nach 
Nordamerika — nicht in umgekehrter Richtung — wurde der Verband 
zu einer vollständigen Betriebs- und Finanzgemeinschaft ausgestaltet, 
In dem 1902 von dem Neuyorker Bankier J. P. MonGAN gegründeten 
„Morgantrust“ (International Mercantil Marine Company) vereinigten sich 
zunächst zwei amerikanische Linien (American Line, Atlantic Transport
	        
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