5. Kapitel. Die Preisbildung im Wasserverkehr. 479
80 Jahren seine entscheidende Stellung verloren. Der Zwischendecks-
verkehr gestattet eine viel bessere Raumausnutzung als der Kajüten-
verkehr, und in diesem zeigt wieder die I. Klasse mit ihren bequemen
Raumausmessungen kür jeden einzelnen Fahrgast und ihren umfang-
reichen und prunkvollen gemeinsamen Räumen (Speisesaal, Damensaal,
NMusiksanl, Lesezimmer, Wintergarten, Turn- und Zanderanstalt usw.)
eine besonders ungünstige Verwendung des Raumes zur Fahrgastunter-
bringung. Da bei längeren Reisen der Personenfahrpreis auch die Ver-
pflegung umfabßt, so erklärt sich der starke Abstand der Zwischendecks-
preise von den Kajütenpreisen auch aus der verschiedenen Verpflegungs-
art. Der Kajütenverkehr ist auch in dieser wie in jeder anderen Be-
ziehung sehr kostspielig und lähßt sich in solcher Ausgestaltung nur da
ohne Schaden aufrecht erhalten, wo auf starken Zuspruch von Fahr-
gästen zu rechnen ist. Daraus erklärt es sich, dal gerade der Personen-
verkehr nach Nordamerika in diesen Dingen anderen Verkehrslinien mit
geringerem Zuspruch merklich weit voraus ist.
Die Kajütenpreise selbst zeigen nicht nur eine wesentlich höhere
Lage in der I. Kajüte gegenüber der II. Kajüte, sondern in jeder Klasse
selbst, besonders in der I. Kajüte, eine Abstufung nach der Lage, Gröbe
und Ausstattung der einzelnen Kabinen. Die Preise liegen in der
I. Kajüte zwischen mehreren 100 und mebreren 1000 M. auf den
großen und vornehmen heutigen Dampfern in der Nordamerikafahrt.
Die Preise der I. Kajüte können viel mehr bis zu hohen Sätzen abge-
stuft werden, da sich der I. Kajüte fast ausnahmslos zahlungsfäbige
Fahrgäste zuwenden, die gern einen höheren Preis zahlen, wenn ihnen
dafür größere Annehmlichkeit und Bequemlichkeit geboten wird. Schon
in der II. Kajüte zieht die Zahlungsfähigkeit der Fahrgäste engere
Grenzen, und die Zwischendeckspreise vollends können nur einen
geringen Spielraum haben und müssen sich niedrig halten, da die
Zablungsfähigkeit der Auswanderer im groben Durchschnitt nur gering
ist. Zeitweillg war der Zwischendeckspreis von deutschen Häfen nach
Nordamerika durch den Wettbewerb auf 110 und 100 M. herunter-
gedrückt, meist bewegt er sich um 150 M. herum mit mäbßigem Aus-
schlagen nach oben und nach unten und hat sich gegen die Mitte des
Jahrhunderts wenig verändert. Für die II. Kajüte liegt jetzt der
Preis etwas über 200 M., während er in den 60er und 70 er Jahren
um 50 v. H. und mehr höher war. Auf die mancherlei Besonderheiten,
z. B. die Dienstbotenpreise, Rückfahrkarten, Bettzuschläge usw., kann
hier nicht eingegangen werden; eine Einheitlichkeit besteht darin nicht.
Erwähnt sei nur noch, daß sich in der Amerikafahrt ein Unterschied
zwischen Sommer- und Winterfahrt herausgebildet hat. Die Sommer-
fahrt ist die Zeit des Hauptandranges, sodaß hier Preisnachlässe nicht
gewährt zu werden brauchen. Die Winterfahrt hat, weil der Verkehr im