Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

2. Kapitel. Die Entwickelung des Luftverkehrs. 501 
Fahrzeuge war imstande gewesen, eine längere Fahrt durchzuführen und 
an den Platz des Aufstiegs zurückzukehren. Es ist das dauernde Ver- 
dienst der französischen Hauptleute RENARIEI und KnHs, mit ihrem 
Lenkschiff „La France“ 1884 diesen Zweifeln den Grund genommen zu 
haben. Der Tragkörper ihres Luftschiffs war 50,42 m lang, sein gröbter 
Durchmesser 8,4 m, sein Inbalt 1864 chm. Er hatte eine fisch- oder 
torpedoartige Form, die Stirnseite war stumpfer, der Hinterteil lief spitz 
aus. Die Gondel war 33 m lang, 2 m hoch und 1,4 m breit; sie hing 
unmittelbar an den Auslaufleinen des Netzes, mit dem der Tragkörper 
umgeben war. Die Steuer befanden sich hinten zwischen Gondel und 
Tragkörper. Die Bewegungen des Fahrzeugs um seine wagerechte 
Achse, die dem Schlingern der Seeschiffe entsprechen, wurden 
durch besondere wagrechte Flächen gemildert. Die zweiflügelige 
Schraube batte einen Durchmesser von 7m und machte 40—60 Um- 
drehungen in der Minute. Sie befand sich vorn an der Gondel, 2zog 
also das Fahrzeug nach vorn. Sie wurde getrieben durch eine elektrische 
Kraftmaschine von 8½ Pferdestärken. Das Fahrzeug war mit Schlepp- 
tau, mit Anker und mit einem Laufgewicht in der Gondel versehen, 
durch das die Gewichtsverschiebungen infolge des Umhergehens der 
Gondelinsassen ausgeglichen werden sollten. Das Fahrzeug war mit 
Wasserstoffgas gefüllt. Es konnte 2 Personen und etwa 200 kg Ballast 
tragen. Die Eigengeschwindigkeit war bei der ersten Auffahrt am 
9. August 1884 etwa 5½ m''sek., beim dritten Aufstieg am S. Nov. 1884 
6,4 m/sek. Das Fahrzeug hat bei 7 Fabrten fünfmal zur Aufstiegstelle 
zurückkehren können und arbeitete bei Winden bis zu 6 m'isek. durch- 
aus sicher; Winden von 7 m'/sek. und mehr war es nach dem Mabe 
seiner Eigengeschwindigkeit nicht gewachsen. 
Das Luftschiff von RENARD und Knnn bedeutet nach Bauart und 
Leistungen einen wesentlichen Fortschritt. Es hatte erwiesen, dab die 
Lenkbarkeit der Luftschiffe eine lösbare Frage sei, und hatte zur Lösung 
durch die Neuerungen in der Bauart viel beigetragen. Zugleich hatte 
es die Bedeutung gesteigerter Eigengeschwindigkeit bei mähigem 
Maschinengewicht deutlich hervortreten lassen, aber auch gezeigt, daß 
die damaligen Kraftmaschinen den Anforderungen der Luftschiffahrt 
in bezug auf Kraftleistung und Gewicht noch nicht entsprachen. 
Hier setzten die Bemühungen Gorruen WirHELLDaLNLE (geboren 
1834, gestorben 1900) ein. Nach seiner Ubersiedlung von Deutz nach Cann- 
statt (1882) erstrebte er den Bau einer kräftigen, aber leichten Benzin- 
maschine und hatte den gewünschten Erfolg gegen Mitte der 80 er Jahre. 
Seitdem war eine der wichtigsten Voraussetzungen für fortschreitende 
Entwickelung des Luftschiffbaues gegeben. Die weiteren Aufgaben, 
die zu lösen waren, bestanden darin. den Tragkörper möglichst straff 
zu erbalten, die Steuerfähigkeit in wagrechier und senkrechter Richtung
	        
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