514 V. Ahschnitt. Der Luftverkehr.
Weiter haben sich die Anlagen zur Aufnahme der Luftschiffe, die
Luftschiffhallen, lebbaft entwickelt. In Deutschland waren Mitte 1911
nach dem Jahrbuch der Motorluftschiff-Studiengesellschaft bereits 21
feste Luftschiffhallen vorhanden in Reinickendorf bei Berlin, in Jobannis-
thal bei Berlin, in Biesdorf, Bitterfeld, Friedrichshafen, Rheinau, Metz,
Köln, Düsseldorf, Oos, Schwetzingen, München, Kiel, Leipzig, Gotha,
Königsberg, Straßburg usw. Neue Hallen sind in verschiedenen Orten,
z. B. in Potsdam, Frankfurt a. M., Thorn, Hamburg, im Bau. Von den
21 Luftschiffhallen entsprechen 13 der Länge der Zeppelinschiffe. Die
meisten Hallen sind aus Holz, 9 sind aus Eisen. Auber den festen sind
auch zerlegbare Zelthallen vorhanden.
2. Enkteichel##ng des Flrgae##gm#esens. OUber drei Fünftel aller vor-
handenen 120 000 Tierarten können fliegen, darunter 250000 Insektenarten,
13000 Vogelarten, 600 Fledermausarten, 60 Fischarten. Einige Tierarten
sind auf den reinen Gleitflug angewiesen. d. h. auf das Herabgleiten von
höher gelegenen Punkten mit Hilfe von Flughäuten. Einige andere
bringen durch Bewegung der Flughäute einen Flatterflug zustande, noch
andere, wie die Flugfische, unterstützen die Fortbewegung in der Luft
durch das Zittern („Schwirren“) der Flügel. Die Hauptmasse der zum
Fliegen fähigen Tierarten geht über diese geringen Leistungen binaus
und benutzt nicht nur die Form des Gleitfluges durch die Segelflächen
(Flügel), sondern setzt auch die Flügel oder bei mehreren Flügelpaaren
eins dieser Paare durch eigene Muskelkraft in Bewegung, um Auf- und
Vortrieb zu erzeugen. Die Meinung, dab der Vogelflug durch die mit
körperwarmer Luft gefüllten Luftsäcke ermöglicht oder erleichtert werde,
ist unhaltbar. Die Luftsäcke sind für die Erhaltung der Leistungsfähig-
keit der Lungen wichtig, aber ihre Auftriebskraft ist äußerst geringfügig
und macht z. B. bei einer Taube von 400 Gramm Gewicht nach den
Mitteilungen von Professor Abdusr Pürren auf der Internationalen
Luftschiffahrts-Ausstellung zu Frankfurt a. M. 1909 höchstens ½/1% g.,
d. i. I#ooo des Körpergewichts, aus. Vielmehr handelt es sich beim
Vogelfluge wie überhaupt beim Tierfluge lediglich um die Verbindung von
Segelflächen mit dem durch die eigene Muskelkraft erzeugten Vortriebe
ohne Hebung durch leichtere Gase. Die Muskelkraft ist bei den Flug-
tieren im Verhältnis zum Gewichbte sehr stark, jedenfalls viel stärker als
beim Menschen.
Die Kraftleistung des Storches gegenüber seinem Körpergewichte
beim Fliegen ist so groß, daß ein Mensch zur Herbeiführung der ent-
sprechenden Flugleistung mindestens 64 mkg'’sek. leisten, also eine Kraft
entfalten müßte, die ausreicht, um 64 kg in 1 Sekunde 1 m hoch zu
heben; mehr als 8—10 mkgek. kann der Mensch auf längere Zeit nicht
leisten, und auch besondere Anspannungen für kurze Zeit bringen den
Durchschnittsmenschen bei weitem noch nicht zu einer Kraftleistung, die