520 V. Abschuitt. Der Luftverkebr.
Die Leistungsfähigkeit gegen ungünstige Winde hat durch die grobe
Steigerung der Eigengeschwindigkeit der Flugzeuge eine bedeutende Zu-
nahme erfahren. Die Wrigbt-Zweidecker kamen anfangs auf etwa
60 km in der Stunde (16f.: M. Sek.), 1908 auf 65 km (18 misek.) Das
ist inzwischen weit überholt worden. BLERIOr #erreichte 1909: 77 km
in der Stunde (21,4 misek.), LEBLANC 1910: 115 km (31,9 m'sek.), im
Jahre 1911 WExNMANN auf dem Nieuport-Eindecker 126 km in der Stuhde
(35 sek.), am 2. März 1912 Védrines in Pau 167,91 km in der Stunde
(16,6 M/sek.) Eigengeschwindigkeit. Die Möglichkeit, dauernd eine Eigen-
geschwindigkeit von 120— 150 km in der Stunde, also 33½ bis 412 mesck.
zu erreichen, gilt nicht als ausgeschlossen. Gelingt das, so würden die
Flugzeuge bis in die Windstärke 11 (30 bis unter 50 mtsek.) binein
noch fahrfähig sein, und nur die schwersten Orkane würden die Benutzung
unbedingt verhindern.
Selbstverständlich ist die wirkliche Reisegeschwindigkeit geringer
als die Eigengeschwindigkeit, die sich nur auf unbewegte Luft beziebt.
Der Gegenwind verlangsamt stets die Fahrt, und auch starke Seiten-
winde erschweren das Vorwärtskommen. Aber bei mäbigen Winden
bleibt bis die Reisegeschwindigkeit noch groh. Die 1126 km, die
HELEN am 26. August 1911 im Flugzeuge in 13 Stunden 47 Minuten
einschlieblich der Ruhepausen zurückgelegt bat, ergeben eine Reise-
geschwindigkeit von 81,7 km in der Stunde.
Die Flugzeuge sind an Eigengeschwindigkeit den Luftschiffen trotz
der bedeutenden Steigerung, die von diesen neuerdings erzielt ist, noch
überlegen. Sie finden auch bei der Fortbewegung einen geringeren
Stirnwiderstand als die Luftschiffe. Erhöhen diese Umstände ihre
Leistungsfähigkeit nicht nur für Heeres-, sondern auch für Verkehrs-
zwecke, so deutet andererseits die verhältnismälhig große Zahl von töt-
lichen Unfällen beim Flugverkehr darauf hbin, dabß die natürlichen Ge-
fahren dieser Fortbewegungsart noch nicht in dem erwünschten Mabße
haben überwunden werden können. Die überaus rasche und kräftige
Entwickelung des Flugverkehrs in den letzten Jahren lähßt aber die
Hoffnung auf wesentliche Verminderung der Gefahren des Flugverkehrs
als berechtigt erscheinen.
Der Entwickelungsgang des ganzen Luftverkehrswesens ist reich
an Opfern. Eine betrübend große Zahl tapferer Männer hat das Leben
hingeben müssen, um der Sache zu dienen. Sie sind im Dienste und
zum Nutzen der Menschheit und ihrer Aufwärtsentwickelung gestorben,
und aus ihrem Untergange ist dem Ganzen Segen erwachsen. Menschen-
opfer waren auch nötig, ehe der Schiffahrts-, namentlich der Seeschiff-
fahrtsverkehr zu wirklicher Leistungsfähigkeit erwuchs. Ob dieser Weg
verlustreicher war, als der des Luftverkehrs, wissen wir nicht. Aber
wir werden uns wegen der schnellen Entwickelung des Luftverkehrs