4. Kapitel. Die Aufgaben der öftlentl. Gewalt gegenüber dem Luftverkehrswesen. 539
Rechtsverhältnisse hervorruft, sowohl öffentlich- rechtlicher als auch
bürgerlich-rechtlicher Art. Die Gesetzgebung bat bisher hierauf keine
besondere Rücksicht nehmen können, und es ist zu prüfen, ob es neuer
Rechtssätze oder der sinngemäben Anwendung vorhandener Rechtssätze
bedarf, um gegenüber den Einwirkungen des neuen Verkehrszweiges
die berechtigten Bedürfnisse und Ansprüche der Bürger und die ge-
botenen Anforderungen der Gesamtheit zu wahren.
In Betracht kommen, um nur einige Beispiele zu nennen, u. a. die
Frage der Haftpflicht bei Schädigungen von Menschen und Sachen
durch Auswerfen von Ballast, durch Herabfallen von Werkzeugen oder
Fahrzeugteilen, beim Landen usw., die Behandlung aufgefundener Fahr-
zeugteile, die Gestaltung des Pfandrechts an Luftfahrzeugen und des
Luftbeförderungsvertrags, die Rechte und Pflichten des Grundeigentümers
und des Luftfahrers beim Landen im allgemeinen und bei der Not-
landung im besonderen, die Bergungshilfe bei Strandungen, die standesamt-
liche Behandlung von Geburten und Sterbefällen in Luftfahrzeugen usw.
Eine weitere Gruppe von Vorschriften wird betreffen müssen die
Anforderungen an die Sicherheit der Fahrzeuge und an die Ausbildung
der Führer und Mannschaften, ferner die Ausweise über Befähigung
und Führerberechtigung, die Vorbedingungen für die Genehmigung zur
Betriebsausübung, die Verzeichnisführung, das Recht der Flaggenführung,
das Ausweichen und dgl. mehr, mit einem Worte, eine Verkehrsordnung
im weitesten Sinne.
In Frankreich ist 1911 bereits eine Luftverkehrsordnung vom
Ministerium der öffentlichen Arbeiten erlassen worden.
Dazu kommt die Notwendigkeit, Grundsätze aufzustellen für die
Behandlung der Luftfahrzeuge und ihres Inhalts an der Zollgrenze.
Wenn auch ein Massengüterverkehr von Luftschiffen nicht wahrscheinlich
ist, so können doch wertvolle Kleingütersendungen von Luftfabrzeugen
mitgenommen werden. Die Möglichkeit eines Schmuggels liegt dabei
vor. Auch die Fahrhabe der Mannschaften und Fahrgäste kann Zoll-
pflichtiges enthalten usw.
Diese Dinge müssen in irgend einer Weise geregelt werden, gewiß
unter möglichster Anpassung an die besonderen Bedürfnisse des Luft-
verkehrs, aber auch unter Wahrung der Bedürfnisse des beteiligten
Staatswesens. Frankreich unterwirft bereits die auf französischem Boden
landenden Fahrzeuge einer zollamtlichen Behandlung. Auch zwischen
den Vereinigten Staaten von Amerika und Mexiko ist über diesen Punkt
verhandelt worden.
Bei dem Luftverkehr werden sich die politischen Landesgrenzen
noch weniger als Verkehrshindernis geltend machen dürfen, als bei
anderen Verkehrszweigen, und deshalb mut es von vornherein erwünscht
erscheinen, für die Lösung der erwähnten und sonstigen Aufgaben ge-