4. Kapitel. Die Aufgaben der öffentl. Gewalt gegenüber dem Luftverkehrswesen. 541
lui, en temps de paix et en temps de guerre, que les droits nécessaires
à leur conservation“. Das lieb den Staaten nur eine geringe Möglichkeit,
ihre Bedürfnisse in bezug auf den Luftverkehr zu wahren. Hiernach
bätte die Einführung zollpflichtiger Waren, die Einschleppung von
Krankheiten, die Ausspürung der Einzelheiten wichtiger wirtschaftlicher
Anlagen und dgl. von Luftschiffen aus ganz ungehindert geschehen
können, und damit wäre tatsächlich auch Spionen jeder Art weitgehende
Betätigung ermöglicht worden, wenngleich ihre Abwehr nach dem
Grundgedanken des Instituts den Staaten an sich zustehen sollte. Die
Erkenntnis, dabß jeder Staat gegenüber der völlig freien Benutzung des
Luftraums Bedenken entgegensetzen mubß, hat andere zu dem Gedanken
geführt, eine bestimmte Luftschicht unmittelbar über dem Erdboden als
nationales, die höherliegenden Luftschichten dagegen als völlig freies
5„Fahrwasser“ zu behandeln, also einen ähnlichen Unterschied zu machen,
wie er in der Seeschiffahrt zwischen den Küstengewässern, die als
Hoheitsgewässer gelten, und der freihen hohen See besteht. Auf der
See ist solche Unterscheidung durchführbar, da die hohe See von dem
Gebiete jedes Staates räumlich getrennt ist. Die obere Luftschicht
dagegen bleibt immer über dem Gebiete des darunterliegenden Staates,
und schädliche Einwirkungen von hier aus sind stets möglich. Auf
diese Unterscheidung wird man sich nicht einlassen können.
Einen anderen Gedanken hat das „Comité juridique international de
Taviation“ vertreten, das 1909 auf französische Anregung hin als private
Vereinigung zusammentrat. Die Vereinigung hat sich über das erste
Buch eines „Code de Dair“ geeinigt, dessen erster Artikel lautet: „Der
Verkehr im Luftraum ist frei, vorbehaltlich des Rechtes der Staaten,
über deren Gebiet sich der Luftraum befindet, Mabregeln zu ihrer eigenen
Sicherheit und zur Sicherheit von Leben und Gut ihrer Bewohner zu
treffen“. Diese Fassung vermeidet es, den Luftraum selbst als frei
hinzustellen. Nur der Verkehr in dem Luftraume soll frei sein, soll
aber insoweit beschränkt werden dürfen, als zur Sicherheit des Staates
und des Lebens und Gutes seiner Bewohner nötig ist. Das ist entschieden
zweckmäbiger, als der vom Institut de droit international 1906 aufgestellte
Grundsatz. Aber die zugelassenen Voraussetzungen erschöpfen keineswegs
die Gebiete, auf denen der Staat Beeinträchtigungen abwehren muh.
Daß die Staaten nicht bereit sind, den Grundsatz der Luftfreiheit
oder der Luftverkehrsfreiheit ohne Einschränkung anzunehmen, bewies die
Versammlung der Vertreter von 18 Staaten (Deutschland, Gsterreich Ungarn,
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Monaco,
Niederlande, Portugal, Rumänien, Rubland, Serbien, Schweden, Schweiz,
Türkei), die im Mai 1910 in Paris auf Einladung der französischen
Regierung zusammentrat, um eine internationale Verständigung über die
Luftrechtsfragen herbeizuführen. Die Versammlung brach ihre Beratungen