582 VI. Abschnitt. Der Post- und elektrische Nachrichtenschnellverkebr.
wurde durch bewegliche Balken bewirkt, die auf erhöhten Punkten so
angebracht waren, daß sie mit Fernrohren gesehen werden konnten, und
deren verschiedene Stellungen gegeneinander eine verabredete Bedeutung
hatten. Das Verfahren wurde als téelégraphie aérienne bezeichnet. Mittels
solcher Telegraphen konnte man
von Strabburg nach Paris, 60 geogr. Meilen, in 5 Min. 52 Sek.
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eine Nachricht befördern.
Napoleon I. beförderte die Anlage der Telegraphenlinien, und unter
Louls PlPP gab es in Frankreich schon 5000 km Linien für optische
Telegraphie. Andere Staaten folgten dem Beispiel, namentlich England
und Preufen. Der Grundgedanke, Nachrichten durch sichtbare Zeichen
rasch weiter zu geben, ist natürlich noch vielfacher anderer Ausgestaltung
fähig. Flaggen, Lichte, Raketen, Feuer, Rauch, Sonnenstrahlenspiegelung
u. dgl. sind dabei verwendbar, und verschiedene dieser Wege baben
sich nicht nur im Gebrauch erhalten, sondern sind neuerdings sorg-
fältig ausgebildet worden und haben im Verkehrs- und Kriegswesen
keineswegs geringe Bedeutung. ·
DieGHAPPEscbenTelegtapbeodieutenaurRegierungszwecken.
Die erzielte Leistungsfähigkeit gestattete keine allgemeine Verwertung
für die Bevölkerung. Auch muhten solche Telegraphen an der Küste
größerer Meere baltmachen und waren nachts und bei trüber Witte-
rung so gut wie ganz unbrauchbar. Der elektrische Telegraph hat
diese Mißstände beseitigt. Für ihn gibt es keine örtlichen Grenzen,
keinen Unterschied von Tag und Nacht, von klarem und trübem Wetter,
und seine Geschwiudigkeit ist sehr viel größer, weil der elektrische
Strom noch keine Minute braucht, um die ganze Erde zu umkreisen.
Freilich hat es vieler Versuche bedurft, um den elektrischen Strom
dem Nachrichtenverkehr dienstbar zu machen. Die Versuche drüngen
sich in wenige Jahre zusammen. Zwar kinden sich schon im 16. und
. Jahrhundert bei verschiedenen Schriftstellern Andeutungen darüber,
daß man sich eine Verständigung auf weite Ferne hin durch Vermittelung
von Magneten in der Vorstellung ausmalte. Aber dabei handelte es sich,
wie die genauen Mitteilungen von HENNIG („Die Entwicklung der Tele-
graphie und Telephonie“, Leipzig 1908) ergeben, nur um den undurch-
führbaren Gedanken, zwei Magnetnadeln durch „Sympathie“ so zu be-
einflussen, daß sie gleiche Bewegungen ausführen. Versuche mit Elek-
trizität wurden erst im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts angestellt.
Sie schlugen fehl, weil sie sich auf die Reibungselektrizität stützten, die
in ausreichender Menge und Stärke nicht leicht zu beschaffen ist. Ga#-
VANI fand 1789 die Berührungselektrizität oder galvanische Elektrizität,