Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

586 VI. Abschnitt. Der Post- und elektrische Nachrichtenschnellverkehr. 
Dabß sich der elektrische Drahtnachrichtenverkehr zunächst auf dem 
Festlande entwickelte, ist erklärlich. Aber von Anfang an richtete sich 
die Aufmerksamkeit auch auf die Frage, ob die elektromagnetische Tele- 
graphie die Meere überwinden könne. WlELLsrONE regte schon 1810 
die Anlage einer telegraphischen Verbindung zwischen Dover und Calais 
an; Mohse befürwortete sogar 1843 eine Verbindung zwischen Europa 
und Amerika. Die Ausführbarkeit solcher Anregungen wurde erst da- 
durch gegeben, daß ein ausreichendes Absonderungs-(„Isolierungs#-) Mittel 
gefunden wurde. In dem 1843 nach Europa gelangten Guttapercha sah 
schon WlhALESTONE das geeignete Mittel. Aber erst WERNER SIENESS 
fand ein brauchbares Verfahren, den Leitungsdraht mit fest angeprehbter 
Guttaperchaschicht zu umgeben. Er legte denn auch das erste Unter- 
wasserkabel zwischen Köln und Deutz. Andere Flußkabel folgten in 
England, Amerika und OÖsterreich. 1850 wurde das erste unterseeische 
Kabel zwischen Dover und Calais gelegt, das 1851 erneuert werden mutte, 
und dem sich 1852 und 1854 weitere Unterseekabel in den europäischen 
Gewässern anschlossen. 1854 griff Craus FIELD in Neuyork den Ge- 
danken einer Kabelverbindung zwischen Amerika und Europa wieder auf, 
ein Gedanke, der damals und noch verschiedene Jabre später vielfach als 
undurchführbar galt. CThRus FrELD ließ sich aber weder durch wieder- 
holte Mißerfolge noch durch Vorurteile abschrecken, und 1866 gelang 
es, das transatlantische Kabel durch die Anglo-American Telegraph 
Company zu legen mit 5400 km Länge zwischen Irland und Neufund- 
land. Es wurde am 5. August 1866 dem öffentlichen Verkehr über- 
geben. Der in die Augen springende Erfolg dieser Verbindung spornte 
die Erwerbsunternehmungen zu weiteren Schöpfungen an. 1868 wurden 
mit Agypten, 1869 mit Indien, 1873 mit China, Australien und Süd- 
amerika Kabelverbindungen hergestellt, und das Kabelnetz dehnte sich 
nun rasch durch die Tätigkeit der Erwerbsgesellschaften und späterhin 
auch durch die der Staaten aus. Seit 1902 ist von englischer, bald 
danach auch von amerikanischer Seite das bis dahin noch ausgeschlossene 
Stille Meer mit Kabeln versehen worden. Die technischen Grundlagen 
und die Hilfsmittel der Kabelverlegung wurden dabei wesentlich ver- 
bessert. Besondere Kabelschiffe wurden erbaut, nachdem Wnahzr## 
SlENMENS, der Bruder des vorgenannten WERNER SixMENS, 1874 durch 
den von ihm entworfenen Seekabeldampfer „Faraday“ den Weg dazu 
gezeigt hatte. Jetzt gibt es eine Kabelflotte von einigen 50 Dampfern, 
von denen 3/ auf England kommen; Deutschland ist daran mit zwei 
Dampfern beteiligt (seit 1902 „Stephan“, seit 1905 „Großherzog von 
Oldenburg“"), beide Eigentum der Norddeutschen Seekabelwerke. Ein 
früher dieser Gesellschaft gehöriger Kabeldampfer „v. Podbielski“, er- 
baut 1899, ist 1905 in das Eigentum der niederländischen Regierung über- 
gegangen (etziger Name „FTelegraaf“). Von der Kabelflotte gehören
	        
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