3. Kapitel. Die Post u. d. elektr. Nachrichtenverkelir als Gegenstand d. Staatsverw. 593
denn überhaupt in Deutschland dem drahtlosen elektrischen Nachrichten-
verkehr ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Frankreich hat
ein besonderes für seine Marine erdachtes Verfahren. Die Zahl der Stationen
steigt übrigens fortwährend. Nicht alle diese Stationen dienen dem
öffentlichen Verkehr. Nach dem Statistischen Jahrbuch für das Deutsche
Reich für 1911, das sich dabei auf Mitteilungen des Reichspostamts vom
Mai 1911 stützt, waren auf der Erde 412 Stationen für den öffentlichen
Verkehr vorhanden, davon je 103 nach dem Verfahren von MaRCONF und
DE FoREST und 78 nach dem Telefunkenverfahren. Von den Stationen
für den öffentlichen Verkehr kamen 166 auf die Vereinigten Staaten von
Amerika, die das DpE FoRESTsche Verfabren bevorzugen, 46 auf Kanada
(meist nach MABRCOST), je 18 auf Grohbritannien (meist nach MAnCON.)
und Italien (nur nach MaARCON), 15 auf Deutschland (bis auf eine nach
dem Telefunkenverfahren), 10 auf Frankreich (nach dem eigenen fran-
zösischen Verfahren).
Die Ausbreitung der drahtlosen Telegraphie hat so große Fortschritte
gemacht, daß bereits viele Staaten Vorschriften über die Benutzung der
Funkentelegraphie für den öffentlichen Verkehr erlassen haben (in Deutsch-
land am 1. April 1905), und dab am 3. November 1906 auf Einladung
der deutschen Reichsverwaltung eine internationale Versammlung zu
Berlin, beschickt von 27 Staaten, einen Internationalen Funkentelegraphen-
vertrag vereinbart hat. Iiernach hat für den Verkehr zwischen Küste
und Schiff jede Funkentelegraphenstelle den Austausch funkentele-
graphischer Nachrichten ohne Rücksicht auf das jeweilig angewandte
funkentelegrapbische Verfahren zu vermitteln. Durch eine Zusatzverein-
barung ist das gleiche auch für den Verkehr zwischen Schiff und Schiff
vereinbart.
Im Schlußprotokolle zu diesem Vertrage ist bereits auf eine neue
Konferenz bingedeutet. Sie tritt 1912 im London zusammen; die
Schnelligkeit der Entwickelung macht eine Nachprüfung und Ergänzung
der internationalen Bekanntmachungen nötig. Auch die seekriegsrecht.
liche Behandlung der neuen Form des Nachrichtenschnellverkehrs bedarf
noch der Regelung.
3. Kapitel. Die Post und der elektrische Nachrichtenverkehr als
Gegenstand der Staatsverwaltung.
§ 1. Die Post. Im Postwesen spielte, seitcem man überhaupt von
einer Post im heutigen Sinne des Wortes reden kann, der Privatbetrieb
nie eine nennenswerte Rolle. Von Anfang an, schon im 16. Jahrbundert,
nahmen vielmehr die Landesfürsten für sich das ausschliebliche Vorrecht
zur Anlegung von Posten, das „Postregal“, in Anspruch. Seit dem
7. Jahrhundert stützte man das Regal, um das sich übrigens in Deutsch-
vAN Dz Borohr, Vorkehrswesen. 2. Aufl. 38