594 VI. Abschnitt. Der Post- und elektrische Nachrichtenschnellverkebr.
land Kaiser und Landesfürsten stritten, durch den Postzwang, d. h. da-
durch, dab man die Bevölkerung zwang, sich bei gewissen Beförderungs-
arten lediglch der Post zu bedienen. Postzwang und Postregal haben
sich bis in die neueste Zeit erhalten. Allerdings sind dabei die Uber-
griffe, deren sich das 18. Jahrhundert schuldig machte, nicht mehr zu
beklagen. Im 18. Jahrhundert beschränkte man auch das Reisen mit
Mietpferden und Mietfuhren, um dem Regal Dnach keiner Richtung
bin einen Nebenbuhler entstehen zu lassen. Dabei wurde der Post-
zwang immer weiter ausgedehnt. In Preubßen z. B. wurde seit 1714 ein
Postzwang für Reisende durchgeführt; 1712 wurden verschlossene Briefe,
1715 Pakete bis 20 Pfd., 1766 Pakete bis 40 Pfd. dem Postzwange
unterworfen usw.
Das preubische Postgesetz vom 5. Juni 1852 hbielt am Postregal
und am Postzwange fest; der letztere galt für verschlossene Briefe, Geld,
Gold, Silber, Juwelen, Pretiosen, Zeitungen und Pakete bis zu 20 Pfd.
Das preubßische Postgesetz vom 21. Mai 1860 führte den Grundsatz
durch, dab der Umfang des Postzwanges die Grenze für die Ausdehnung
des Postregals bilde, und beseitigte den Postzwang für Pakete, Gold,
Silber, Juwelen, Pretiosen und nichtpolitische Zeitungen. Das nord-
deutsche Postgesetz vom 2. November 1867 beschrünkte den Postzwang
auf verschlossene Briefe und politische Zeitungen und liebß die gewerbs-
mäbßige Personenbeförderung teilweise frei; nur unter gewissen Umständen
bedurfte letztere der Genehmigung der Postverwaltung. Das Reichs-
postgesetz vom 28. Oktober 1871 bat die Beschränkung der Personen--
beförderung abgeschafft. Ein Postregal, das neben dem Postzwange
einen selbständigen Inbalt hat, besteht seitcem grundsätzlich nicht mehr.
Durch das Gesetz vom 20. Dezember 1899 ist aber eine gewisse Er-
weiterung des Postregals bewirkt worden durch die Vorschrift, da5 An-
stalten zur gewerbsmähigen Einsammilung, Beförderung oder Verteilung
von unverschlossenen Briefen, Karten, Drucksachen und Warenproben.
die mit der Aufschrift für bestimmte Empfänger verschen sind, vom
1. April 1900 ab nicht betrieben werden dürfen. Die vorhandenen —
vor dem 1. April 1898 eingerichteten — Privatbeförderungsanstalten dieser
Art, wie sie sich an einigen großen Orten gebildet hatten, wurden gegen
Entschäligung aufgehoben. Dem Deutschen Reiche ist durch die Ver-
fassung (Art. 48) das Recht zugesprochen worden, das Postwesen als
einheitliche Staatsverkehrsanstalt einzurichten und zu verwalten. Der
Postzwang besteht noch für verschlossene Briefe und politische Zeitungen,
wenn sie öfter als einmal in der Woche erscheinen, in beiden Fällen nur,
wenn die Beförderung gegen Bezahlung erfolgen soll. Bei Briefen ist
der Postzwang durch Gesetz vom 20. Dezember 1899 auch auf Brieke
ausgedehnt, die innerhalb desselben Ortes befördert werden. Für die
politischen Zeitungen dagegen ist nicht nur die Beförderung innerbalb