622 VI. Abschnitt. Der Post- und elektrische Nachrichtenschnellverkehr.
Zunahme des Gewichts steigender Gewichtseinheitssatz. Wenn der
Tarif nicht bezwecken soll, die schwereren Pakete von der Post fern
zu halten, so ist dieser Aufbau nicht recht verständlich.
Dazu kommt, daß die starken Ungleichmäbigkeiten an den Zonen-
grenzen mancherlei Ungerechtigkeiten einschließen.
Weiterhin haben diese Tarife die Wirkung, daß sie bei Versendung
auf weitere Entfernungen die Zerlegung größerer Sendungen in kleine
Pakete zu 5 kg veranlassen. Von der III. Zone an ist es schon wesent-
lich billiger, 10 Pakete zu je 5 kg als 1 Paket zu 50 kg aufzugeben,
und in der VI. Zone spart man auf diese Weise für je 50 kg 18 M.
oder 21,60 Kr.
Die Folge ist, daß in den entfernteren Zonen größere Pakete fast
gar nicht zur Aufgabe kommen. Nun ist es keine Frage, daß 10 Pakete
zu je 5 kg der Post mehr Arbeit, also auch mehr Kosten verursachen
als 1 Paket zu 50 kg, und deshalb ist die angedeutete Folge des eigen-
tümlichen Tarifaufbaus der Post nachteilig.
Eine Anderung des Tarifs ist erwünscht. Sie würde das Einheits-
porto für kleinere Pakete unter Ausscheidung einer Nahzone beibehalten
müssen. Für die schwereren Pakete mütßte aber eine einfachere Form
des Tarifs gesucht und das Ansteigen der Sätze für die Gewichtseinheit
sowie die zu starke Verteuerung schwererer Sendungen auf weitere
Entfernungen vermieden werden. Im ganzen mühte der Tarif für die
schwereren Pakete sich als ein Staffeltarif mit fallenden Entfernungs-
und Gewichtssätzen darstellen, weil nicht einzusehen ist, weshalb bei
schwereren Sendungen die Gewichtseinheit und bei größeren Entfernungen
die Längeneinheit teurer bezahlt werden soll als bei kleinerem Gewicht
und bei kürzerer Entfernung. Eine vollständige Auberachtlassung der
Entfernungsunterschiede auch bei den schweren Paketen dürfte nicht ge-
rechtfertigt sein, weil die Streckenkosten bei gröherem Gewichte durch die
Entfernung in fühlbarerer Weise erhöht werden als bei geringerem Gewichte.
Die Tarife für den Personenverkehr der Post können hier un-
besprochen bleiben, da dieser Teil des Postbetriebs fast in allen vor-
geschrittenen Staaten immer mehr zurückgebt.
§ 2. Die Turife (# den elebtrischen Wachrichtenschnellrerkenr.
Auch die Telegraphengebühren sind einseitig festgesetzte „Monopolpreise“,
die den schon besprochenen allgemeinen Anforderungen genügen müssen.
Bezüglich der Allgemeingültigkeit der Tarife sind beim Telegraphen
ähnliche Mißstände wie bei der Post nicht zu verzeichnen gewesen. In
Deutschland sind die Telegramme der Landesfürsten und ihrer Gemah-
linnen oder Witwen, sowie die Telegramme in Reichsdienstsachen ge-
bührenfrei; ähnlich ist es in den fremden Ländern. Auch in den anderen
Ländern sind meist die Telegramme des Staatsoberhaupts und in wich-
tigen dienstlichen Angelegenheiten frei.