4. Kapitel. Die Tarife im Post- und elcktrischen Nachrichtenverkehr. 625
änderlichen Satze, dessen Einheit aber sehr mäbßig gegenüber dem festen
Betrage sein mütbte.
Die Länge der Depesche ist bedingt durch die Zahl der Buchstaben,
die sie enthält. Hiernach könnte es scheinen, dabß der Einheitssatz der
veränderlichen Gebühr für einen Buchstaben bemessen und der Gesamt-
betrag durch Vervielfältigung des Buchstabeneinheitssatzes mit der Zahl
der Buchstaben ermittelt werden müßte. Das wäre aber weder gerecht
noch zweckmählig. Es wäre nicht gerecht, weil die veränderlichen
Kosten nicht mit jedem Buchstaben um den gleichen Betrag wachsen,
sondern — auf den Buchstaben gemessen — geringer werden, je mehr
Buchstaben auf einmal bintereinander abtelegraphiert werden. Es wäre
nicht zweckmähig, weil der Einheitssatz für den Buchstaben sehr winzig
sein mübte, und weil die genaue Ermittelung der Buchstabenzahl
eine unverhältnismähige Arbeit verursachen würde. Das führt von
selbst dazu, die Länge der Depesche in Buchstabengruppen zu berück-
sichtigen, d. h. den veränderlichen Tarif nach Silben oder noch besser
nach Worten abzustufen. (Worttarif.) Auch hier mühte berücksichtigt
werden, dal nicht mit jedem Worte die Eigenkosten um den gleichen
Betrag wachsen. Man würde also zu dem kesten Satze nicht einfach
einen veränderlichen Betrag hinzurechnen dürfen, der durch Verviel-
fältigung des Worteinheitssatzes mit der Zahl der Worte entsteht, sondern
es wäre bei zunehmender Wortzahl ein abnehmender Einheitssatz ein-
Zustellen, dessen Handhabung keine besonderen Schwierigkeiten machen
würde, da die Wortzahl ohnehin ermittelt werden mübtte.
Es würde indes umständlich sein, bei den vielen kleinen und klein-
sten Depeschen die Gebühr genau nach der Wortzahl zu bemessen;
auch lag wohl der Telegraphenverwaltung daran, sich einen Mindest-
preis für jede in Anspruch genommene Verkehrsleistung zu sichern. Das
hat dazu geführt, daß bis zu einer bestimmten Wortzabl, z. B. bis zu
% oder 15 Worten, die Längenunterschiede außer acht gelassen werden,
jedoch in der Art, dabß für alle in diese Grenzen fallenden Depeschen
die Gebühr für die Höchstzahl dieser Gruppe erhoben wird, also für
oder 15 Worte usw. Es empfiehlt sich, die Grenze nicht zu weit
hinauszurücken, da alsdann leicht das Bestreben entsteht, auch da, wo
man mit weniger Worten auskommen könnte, bis zu der Höchstzahl
zu gehen.
Da die einzelnen Worte von sehr ungleicher Buchstabenzahl sind,
so wird oft eine Höchstzahl von Buchstaben für die Worteinheit fest-
gesetzt (z. B. 15 Buchstaben), sodab ein längeres Wort als zwei Worte
gezählt wird. Das hat gleichzeitig noch den Zweck, die Benutzung
künstlicher, ungewöhnlich langer Worte zu verhindern.
Mehrfach hat man nicht die einzelnen Worte, sondern eine gröbßere
oder geringere Vielheit von Worten, eine „Wortgruppe“ (z. B.
VAN DEN BOROT, Verkehrswesen. 2. Aufl. 40