Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

4. Kapitel. Die Tarite im Post- und elektrischen Nachrichtenverkehr. 627 
Nachtstunden, ein Verfahren, das in Deutschland, in anderer Form auch 
in Nordamerika besteht. 
Für besondere Leistungen, 2. B. für Aufgabe und Beförderung von 
Telegrammen auberhalb der Dienststunden, für Zustellung auf weite 
Entfernungen, für Vergleichung der Telegramme, für Erstattung einer 
Empfangsanzeige, für besonders schnelle Abfertigung (dringende Tele- 
gramme) usw., sind besondere Gebühren berechtigt, die auch hier als 
Nebengebühren erscheinen, aber nur nach bestimmten Durchschnitts- 
Sätzen erhoben werden, um den Betrieb nicht zu erschweren. 
Da die Telegramme gewohnheitsgemäß bei den Schalterbeamten 
oder bei der Telegraphendienststelle überhaupt aufgegeben werden, so 
erfolgt auch die Entrichtung der fälligen Gebühren in der Regel durch 
Barzahlung, soweit nicht die Anwendung von Freimarken vor- 
geschrieben ist. Das letztere ist in Grobbritannien und einigen anderen 
Ländern der Fall. Meist besteht ein solcher Zwang nicht; die kreiwillige 
Entrichtung der Gebühren in Marken ist oft zugelassen. 
Wo die Gebührenentrichtung durch Freimarken überhaupt vor- 
kommt, erscheint es zweckmäßig, nicht besondere Telegraphenfreimarken 
zu verlangen, wie früher in England, Spanien, Deutschland, sondern Brief-- 
freimarken zur Verwendung zuzulassen. Das erspart die Herstellungs- 
kosten für eine besondere Art von Freimarken und erleichtert der Be- 
völkerung die Gebührenentrichtung durch Marken. Wesentliche Mißstände 
haben sich bei der Barentrichtung der Gebühren nicht gezeigt, sodaß ein 
allgemeines Bedürfnis nach Ubertragung des Markenverfahrens auf den 
Telegraphenverkehr nicht anzunehmen ist. 
Im Kabelverkehr macht sich die Entfernung wegen der höheren 
Anlagekosten viel mehr geltend als im gewöhnlichen Telegraphen- 
verkehr, und bei den zum Teil überaus großen Strecken, die hier von 
der Nachricht zurückzulegen sind, hat die Entfernung auch auf den Wert 
der Verkehrsleistung für deren Empfänger mehr Einfluß als bei den ge- 
wöhnlichen Telegrammen. Zugleich ist hier ebenfalls die Länge der 
Nachricht von Einfluß. Es ist demnach berechtigt, wenn bei dem Kabel- 
verkehr außer der Länge der Nachricht auch die Entfernung bei der 
Preisbemessung in großen Abstufungen beachtet wird. Daß eine Kabel-- 
nachricht von Hamburg nach Südamerika oder Australien mehr kostet, 
als nach Neuyork, kann grundsätzlich nicht beanstandet werden. Im 
übrigen sind die Kabelpreise einseitig von den Gesellschaften festgesetzt, 
die aber dabei zeitweilig stark durch den Wettbewerb beeinflußt wurden, 
und denen auch die Abmachungen mit den Regierungen Schranken 
ziehen. Zugleich zeigt sich in der Tarifbemessung der Kabelgesellschaften 
nicht selten das Streben, eine möglichst gute Ausnutzung der Anlage 
herbeizuführen. Im ganzen sind die Gebühren gegen die Anfangszeit 
sehr herabgesetzt. Auf der ersten Linie über das Atlantische Meer waren 
10“
	        
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