Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

58 1. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
Auch die Wanderfreiheit nach auben, die Auswanderungsfreibeit, 
für jeden, der seinen Verpflichtungen gegen das Inland und gegen die 
Inländer nachgekommen ist, erscheint als ein Grundsatz, der durch die 
Annäherung aller Völker infolge des neuen Verkehrswesens unvermeidlich 
geworden ist. Dies Verkehrswesen hat eben die Auswanderung be- 
deutend erleichtert und verbilligt. Daß darin unter Umständen emp- 
findliche Nachteile für das Heimatland liegen können, ist klar; aber 
andererseits erleichtert auch das heutige Verkehrswesen die Aufrecht- 
erhaltung engerer Beziehungen zwischen den Ausgewanderten und dem 
Mutterlande und unterstützt alle die Mabßregeln, die von einer ver- 
ständigen Regierung in dieser Richtung getroffen werden können. 
Die gesetzliche Anerkennung der Vereinigungsfreiheit für Arbeit- 
geber und Arbeitnehmer entspricht ebenfalls dem Zustande, der durch 
das Verkehrswesen herbeigeführt ist. Wenn es so leicht ist, Nach- 
richten auszutauschen und in persönliche Beziehung mit einander zu 
treten, dann ist es unmöglich, die Verbindung der beteiligten zu 
gemeinsamer Tätigkeit an sich durch Gesetz zu verbieten. Die Verab- 
redungen und Verbindungen würden auch bei solchem Verbote eintreten, 
aber sie würden sich in den Schleier des Geheimnisses hüllen und wären 
dann viel gefährlicher. Man handelt am richtigsten, wenn man das, was 
durch das Verkehrswesen tatsächlich in jedem Augenblicke möglich ge- 
macbt ist, auch für rechtlich zulässig erklärt und sich auf die Verbinderung 
von Ubergriffen und Ausschreitungen beschränkt. 
Daran schlicht sich die Erleichterung der Vergesellschaftung zu 
wirtschaftlichen Zwecken, wie sie durch die Gesetzgebung über Ge- 
nossenschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung usw. berbei- 
geführt wurde. 
Die volle grundsätzliche Anerkennung der Gewerbefreiheit konnte 
auch nur in einer Zeit zur allgemeinen Herrschaft gelangen, in der das 
Verkehrswesen die alte Beschränkung auf das örtliche Absatzgebiet tat- 
sächlich aufgehoben hatte. Nur bei dieser früheren Beschränkung waren 
die Grundsätze des Zunftwesens wirklich durchführbar, weil alles sich 
im engeren Kreise bewegte. Heute aber sind die Entfernungen zwischen 
Erzeuger und Verbraucher von Gütern so sehr verkürzt, daß von einer 
Beschränkung der Gütererzeuger auf den örtlichen Absatz und der Ver- 
braucher auf die örtliche Erzeugung keine Rede mehr sein kann. Voll- 
kommen beseitigt ist der Einfluß der Entfernung auf den wirtschaftlichen 
Verkehr natürlich nicht. Auch heute noch ist für die meisten Waren 
ein natürliches Absatzgebiet in der Nähe der Erzeugungsstätten deutlich 
wahrnehmbar. Aber die Grenzen des natürlichen Absatzgebiets sind 
viel weiter gesteckt, und das Hinausgreifen über diese Grenzen findet 
viel häufiger und mit viel weiteren Ausmessungen statt als sonst. In 
nicht wenigen Fällen setzt die Gütererzeugung überhaupt von vornherein
	        
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