4. Kapitel. Die Aufgaben der öffentl. Gewalt gegenüber dem Verkehrswesen. 73
kehrsmitteln gehören z. B. Gondeln, Sänften, Pferde, Droschken, Kraft-
droschken, Omnibus- und Kraftwagenlinien, Strabenbahnen. Der Schwer-
punkt liegt bei dem städtischen Droschkenwesen, das in vielen gröheren
Orten neuerdings stark mit Kraftwagen durchsetzt ist. Das behördliche
Eingreifen geht hier sogar soweit, daß die zuständige Ortsbehörde für
Benutzung dieser Verkebrsmittel „Taxen", also die Fahrpreise feststellt,
die der Wagen-usw.-Führer dem Fahrgast abzufordern befugt ist. Dem
Zwecke dieser Regelung, für die in Deutschland §& 76 der Gewerbe-
ordnung in Betracht kommt, entspricht es, dalß die freiwillige Ermähßigung
der Fahrpreise gegenüber der amtlich festgesetzten Grenze als zulässig
angeschen werden muß. Denn die Absicht der in Rede stehenden Vor-
schrift geht dahin, daß der Fahrgast, insbesondere der mit den örtlichen
Verhältnissen nicht vertraute Fremde, gegen Ubervorteilung geschützt
werden soll. Da die Bevölkerung auf die Dienstleistungen der be-
treffenden Personen nicht selten angewiesen ist, so befinden sich diese
meist in einer überlegenen Stellung gegenüber den Fahrgästen, und eine
Beschränkung der Willkür ist deshalb unvermeidlich. Die Absicht dieses
Eingreifens wird bei dem städtischen Strabenfuhrwesen auch in der
Hauptsache erreicht.
Dieselbe Absicht waltet bei den staatlichen Eingriffen in die Gestaltung
der Frachtpreise auf Gesellschaftsbahnen („Privatbahnen") ob; der Er-
folg ist freilich nicht ganz derselbe. Das Recht des Staates zu der-
artigen Eingriffen ergibt sich von selbst aus seinem Berufe, die öffent-
lichen Bedürfnisse wabrzunehmen. Man gebraucht für dieses Recht
des Staates auch wohl den Ausdruck „Tarifoheit“ des Staates, ein
Ausdruck, der die Sache nicht vollkommen trifft und staatsrechtlich
wolhl angefochten werden könnte. Jedenfalls hat sich der Staat in
fast allen Ländern das Recht der Uberwachung, Prüfung und Geneb-
migung der Tarife der Gesellschaftsbahnen die Feststellung der Grund-
sätze für Einführung, Anwendung und Aufhebung der Tarife und die
Befugnis zu einer Einwirkung auf ihre Höhe vorbehalten. Das ist
freilich nicht immer und nicht ausschlieblich auf dem Wege des Ge-
setzes in allgemeiner Form geschehen; auch die Genchmigungserteilung
bot vielfach eine geeignete Handhabe dazu, und auch auf dem Ver-
waltungswege wurde eine entsprechende Einwirkung versucht. Die
wichtigste Ausnahme bilden längere Zeit die Vereinigten Staaten
von Amerika, wo — abgeschen von einigen einzelstaatlichen Bestim-
mungen, die aber unwirksam blieben — die Tarifgestaltung tatsächlich
frei war. Die einzelstaatlichen Gesetze sind später verschärft worden, und
das Bundesverkehrsgesetz vom 4. Febr. 1887 und seine späteren Ergän-
zungen, besonders das Gesetz vom 29. Juni 1906, haben dem dadurch ge-
schaffenen Bundesverkehrsamte bestimmte Befugnisse in bezug auf die
Tarife im zwischenstaatlichen Eisenbahnverkehr gegeben. Ob das gegen-