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sie bei ihr zusammenwirken müssen, d. h. durch positive Überein-
stimmung aller drei. ,
Damit wird der konstitutionelle Gesetzesbegriff zu einem
rein formellen.
Inhaber des Gesetzgebungsrechts ist wie aller anderen Rechte
der Staatsgewalt der Monarch. Auch Art. 62 der preußischen
Vl.. regelt nur die Ausübung der Gesetzgebung, läßt also den
§ 6 II. 13 ALR. unberührt, wonach das Recht der Gesetzgebung
ein Majestätsrecht ist. Zu dem gleichen Ergebnisse führt ander-
wärts die allgemeine Formel, daß der Monarch alle Rechte der
Staatsgewalt, also auch das der Gesetzgebung in sich vereinigt.
Doch der Monarch ist in der Ausübung gebunden an die vor-
herige Zustimmung der Volksvertretung. Er darf ein Gesetz nur
erlassen, wenn und wie ihm die beiden Kammern zugestimmt haben.
Die drei Faktoren der Gesetzgebung stehen sich also keines-
wegs gleich. Der Monarch gibt die Gesetze, er ist nicht auf ein
bloßes Veto beschränkt. Die beiden Häuser der Volksvertretung
stimmen dagegen nur unselbständig dem von dem Monarchen zu
erlassenden Gesetze zu. Diesem wahren Hergange der Gesetzgebung
entspricht auch die Eingangsformel der Gesetze, wonach der Mo-
narch verordnet mit Zustimmung der beiden Häuser oder Kammern
des Landtags. Im bemerkenswerten Gegensatze dazu sind es nach
der Verkündigungsformel der parlamentarischen Staaten die Kam-
mern, die das Gesetz angenommen haben, während der Monarch
es sanktioniert und verkündet.
Das Gesetz trägt die formelle Gesetzeskraft in sich, d. h. die
Unverbrüchlichkeit bis zu seiner Abänderung oder Aufhebung durch
Gesetz, unbeschadet der Frage der derogatorischen Kraft des Ge-
wohnheitsrechts. Die formelle Gesetzeskraft bildet die Schranke
gegenüber der Regierung und dem landesherrlichen Verordnungs-
rechte. Indem der Monarch das Gesetz erläßt, gewinnt es seine
zweiseitig bindende Kraft auch ihm gegenüber, und er kann es nur
unter Zustimmung wieder ändern. Wohl vereinbar ist mit dieser
formellen Gesetzeskraft, daß unter Umständen das Gesetz selbst eine
Abänderung im Verordnungswege vorsieht. Denn hier ist es der
ursprüngliche Wille des Gesetzes, auf dem die Verordnung beruht.