Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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können. Für Württemberg besteht zwar eine solche ausdrückliche 
Bestimmung nicht. Doch sind auch hier Theorie und Praxis dahin 
einverstanden, daß diejenigen Rechtsnormen im Wege der Gesetz- 
gebung ergehen müssen, welche sich nicht innerhalb des staatlichen 
Behördenorganismus halten, sondern die einzelnen Untertanen 
betreffen. Damit kommt das württembergische Staatsrecht zu dem- 
selben Ergebnisse wie das der anderen Mittelstaaten. Hauptsächlich 
werden die Rechtsnormen, die einen Eingriff in die Freiheit der 
Person und des Eigentums umfassen, dem Privat-, Straf= und 
Prozeßrechte angehören. 
Damit ist aber das Gebiet der Gesetzgebung nicht erschöpft. 
Auch das formelle Verfassungsrecht gehört dazu. Außerdem über- 
weisen Vll. wie besondere Gesetze der Gesetzgebung vielfach einzelne 
Gegenstände, die nicht unter den allgemeinen Begriff der Be- 
schränkung der Freiheit der Person und des Eigentums fallen. 
Endlich kann auch ohne gesetzlichen Zwang ein Gegenstand aus 
Gründen der politischen Zweckmäßigkeit gesetzlich geregelt werden. 
Wegen der formellen Gesetzeskraft, da ein Gesetz nur durch Gesetz 
geändert werden kann, fällt er dann dauernd der Gesetzgebung 
anheim. 
Es ergeben sich damit folgende Gegenstände der Gesetzgebung: 
1. Das formelle Verfassungsrecht, d. h. die Verfassungs- 
urkunde selbst und Verfassungsnovellen in der besonders erschwerten 
Form der Verfassungsgesetzgebung. 
2. Eingriffe in die Freiheit der Person und des Eigen- 
tums, hauptsächlich also das Privat-, Straf= und Prozeßrecht. 
Rechtsnormen, die sich innerhalb des Behördenorganismus halten 
und die Staatsangehörigen nur mittelbar berühren, bleiben daher 
grundsätzlich der Regierung überlassen. Falsch ist aber der aus 
dieser vereinzelten Erscheinung abgeleitete allgemeine Satz, daß es 
überhaupt zum Wesen der Rechtsnorm oder des materiellen Gesetzes 
gehöre, Willenssphären verschiedener Rechtssubjekte gegeneinander 
abzugrenzen, Anordnungen, die sich innerhalb des Behördenorga- 
nismus hielten, also keine Rechtsnormen sein könnten. 
3. Alles, was Vll. oder besondere Gesetze etwa sonst noch 
der Gesetzgebung überweisen. Es kann sich dabei um bloße Rechts- 
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