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melle Verfassungsrecht. Württemberg kennt letztere Beschränkung
nicht und sucht in der Ministerverantwortlichkeit die einzige Schranke.
In Bayern bleibt die Notverordnung auf polizeiliche Vorschriften
mit Strafandrohung beschränkt. Die Notverordnung ist dem Land-
tage bei seinem nächsten Zusammentreten zur Genehmigung vorzu-
legen und im Falle der Versagung außer Kraft zu setzen. Von
selbst tritt sie außer Kraft in Bayern bei Versagung der Ge-
nehmigung, in Hessen mit Ablauf eines Jahres nach Erlaß.
Geradezu typisch für die Gestaltung des Notverordnungsrechts
sind die Bestimmungen des Art. 63 der preußischen Vu.
Voraussetzung für den Erlaß ist danach, daß die Aufrecht-
erhaltung der öffentlichen Sicherheit oder die Beseitigung eines
ungewöhnlichen Notstandes es dringend erfordert. Ob diese Vor-
aussetzungen vorliegen, ist Ermessensfrage und von der Regierung
zu entscheiden. Eine rechtliche Nachprüfung nach dieser Richtung
ist daher unmöglich, es kann höchstens die politische Verantwortlich-
keit des Ministeriums in Frage kommen.
Auch darf der Landtag nicht versammelt sein. Denn sonst
läge die Möglichkeit vor, schleunigst eine Gesetzesvorlage zur Er-
ledigung zu bringen, und der Notstand, der zur Durchbrechung der
formellen Gesetzeskraft führt, wäre nicht vorhanden.
Die Gegenstände des Notverordnungsrechts sind beschränkt.
Denn würde man es schrankenlos zulassen, so könnte der König
sich auch von den Verfassungsbeschränkungen befreien. Die Not-
verordnungen dürfen daher der Verfassung nicht zuwiderlaufen.
Ausgeschlossen ist damit die Abänderung formellen Verfassungsrechts
durch Notverordnung. Dasselbe gilt, wo Verfassungsurkunde oder
besondere Gesetze ein mit vorheriger Zustimmung der Volksver-
tretung zu erlassendes Gesetz erfordern (Vl. Art. 94, Ges. vom
7. Mai 1853 betr. die Bildung der ersten Kammer). Ob dagegen
schon da, wo die Vll. ein Gesetz verlangt, die Notverordnung aus-
geschlossen ist, erscheint bestritten (Preßverordnung von 1863 trotz
Art. 27 Vl.). Die Zulässigkeit ist jedoch zu bejahen. Denn die
Notverordnung hat Gesetzeskraft, kann also überall da eintreten,
wo sonst ein Gesetz erforderlich ist.
Die Notverordnung ist an gewisse Formen gebunden. Sie
Bornhak, Grundriß des Staatsrechts. 3. Aufl. 8