Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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staufen fort in den einzelnen Gebieten. Die landesherrlichen 
Vogteien werden zersprengt dadurch, daß weltliche und geistliche 
Grundherren wie städtische Gemeinschaften die ortsobrigkeitlichen 
Befugnisse zu eigenem Rechte erwerben. Nur vereinzelt bleiben 
als Reste der alten Vogteien einzelne landesherrliche Amter da- 
zwischen gesprengt. Die Ausübung der Verwaltung zu eigenem 
Rechte durch Grundherren und Genossenschaften bildet die Regel, 
die landesherrliche Verwaltung die Ausnahme. Und wenn die 
Landesherren bei Erstarkung der landesherrlichen Gewalt auch in 
Landeshauptleuten für größere Gebiete besondere Organe der Auf- 
sicht und der Friedensbewahrung bestellten, so waren doch anderer- 
seits die Ortsobrigkeiten in ihrer Gesamtheit die geborenen Räte 
des Landesherrn als Landstände. Nur die laufenden Geschäfte 
durfte er erledigen mit Hilfe der an seinem Hofe befindlichen ritter- 
lichen Herren und eines schreibenskundigen Klerikers als Kanzlers. 
Hierin hat erst das Eindringen des römischen Rechts und der 
romanistisch gebildeten Juristen einen Wandel herbeigeführt. Da- 
mit war der Ausgang für ein berufsmäßiges Beamtentum und 
seine Organisation in Behörden gegeben. 
Die Juristen dringen erst vereinzelt in die Ratsstube des 
Landesherrn ein an Stelle der Kleriker und neben den Rittern. 
Dann werden die berufsmäßigen Ratgeber des Landesherrn nach 
französisch-burgundischem Muster zuerst für das Reich und Oster- 
reich unter Maximilian I. in kollegialen Behörden unter der Be- 
zeichnung eines Hofrates oder Geheimen Rates zusammengefaßt. 
Es ist der erste Ansatz der Kollegialität an Stelle der Vertretung 
der landesherrlichen Gewalt durch einen Einzelbeamten. Es wird 
aber damit auch gleichzeitig das ständische System der geborenen 
Näte an den Spitze durchbrochen. Indem mehrere Gebiete sich 
zu einem größeren Gesamtstaate verschmolzen, entstand eine Doppel- 
bildung kollegialer Behörden für den Gesamtstaat wie für die ein- 
zelnen Teile. 
Diese neuen Bildungen bestanden zunächst neben und über den 
selbständigen ständischen Ortsobrigkeiten. Freilich waren in den 
protestantischen Gebieten die geistlichen Herrschaften größtenteils 
verschwunden. Auch hatte es die absolute Staatsgewalt verstanden,
	        
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