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Souveränetät allein dem Bundesstaate beizulegen, dagegen die
Einzelstaaten für nicht souveräne Staaten zu erklären.
Worunter fällt nun das deutsche Reich, ist es Staatenbund
oder Bundesstaat?
Die Frage ist zuerst beantwortet worden von Sehdel.“) Er
weist die Möglichkeit einer Teilung der Souveränetät zurück, da
die negative Eigenschaft des Staates, höchste Macht zu sein, keine
höhere über sich anzuerkennen, nicht teilbar sei. Die Souveränetät
sei vielmehr den Einzelstaaten verblieben, wie denn das Reich nur
ein Staatenbund sei. Denn die Entstehungsgeschichte ergebe, daß
die Verfassung die Staaten binde als Vertrag, deren Untertanen
als gemeinsames Landesgesetz. Dadurch habe kein neuer Staat
entstehen können, sondern nur ein Staatenbund zur gemeinsamen
Ausübung der Hoheitsrechte. Lossagung eines Staates vom Reiche
wäre also nur völkerrechtlicher Vertragsbruch. Die Reichsverfassung
würde wie entstanden so auch geändert werden können „im Wege
der Verständigung unter den verbündeten Regierungen“. Das
steigert sich dann bis zu dem politischen und juristischen Wahn-
witze Jagemanns,““) die Einzelstaaten könnten das Reich jederzeit
auflösen und ein neues gründen mit anderer Verfassung, nament-
lich mit anders zusammengesetztem Reichstage ohne die Zustimmung
des jetzigen Reichstags.
Das sind in der Tat die letzten Folgerungen, wenn die
Seydelsche Lehre richtig wäre. Aber gerade hier läßt sie sich
widerlegen. Die Reichsverfassung gibt in Art. 78 den einzigen
Weg an, auf dem sie abgeändert werden kann, im Wege der
Reichsgesetzgebung, d. h. unter Zustimmung von Bundesrat und
Reichstag, und es dürfen im Bundesrate nicht 14 Stimmen da-
gegen sein. Der Wille der Gesamtheit kann also durch den Willen
der einzelnen Mitglieder von Preußen bis Schaumburg-Lippe
herab nicht ersetzt werden. Hat aber die Gesamtheit einen eigenen,
von dem der Mitglieder verschiedenen Willen, so ist sie auch eine
eigene Persönlichkeit. Es ist damit der Beweis geführt, daß das
Reich ein Staat ist und, da es sich seinerseits aus Staaten zu-
*) Kommentar zur Reichsverfassung (1873), 2. Aufl., Freiburg i. B. 1897.
*“) Die deutsche Reichsverfassung, Vorträge, Heidelberg 1904.