Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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Irgendwelche vermögensrechtlichen Ansprüche gegenüber 
dem Reiche hat der Kaiser nicht. Während die Reichsverfassung 
von 1849 dem Kaiser der Deutschen großmütig eine Zivilliste zu— 
billigte, hat es Preußen stets als Ehrenpflicht betrachtet, sein 
Königtum so auszustatten, daß es auch den repräsentativen Auf- 
gaben des Kaisertums gerecht werden konnte. Die Erhöhung 
der preußischen Krondotation im Jahre 1889 ist gerade damit 
gerechtfertigt worden. 
Die Reichsverfassung enthält kein Wort über Thronfolge und 
Regentschaft im Reiche. Das ist kein Zufall, sondern wohl be- 
rechnete Absicht. Das Kaisertum ist zugeschnitten auf den starken 
Rückhalt des preußischen Königtums, das es in jeder Hinsicht stützt 
und ergänzt. Das Kaisertum würde in sich zusammenbrechen, 
wenn ihm die Grundlage der preußischen Hausmacht fehlte. Des- 
halb müssen beide untrennbar miteinander verbunden bleiben. 
Alle Bestimmungen über Thronfolge und Regentschaft sind ent- 
halten in dem ersten Satze des Art. 11 RV.: „Das Präsidium 
des Bundes steht dem Könige von Preußen zu, welcher den Namen 
Deutscher Kaiser führt.“ 
Das gilt zunächst von der Thronfolge. Wer immer nach 
Maßgabe des preußischen Rechts zur Thronfolge in Preußen be- 
rufen ist, erhält in ihr auch die mit der preußischen Königswürde 
untrennbar verbundene deutsche Kaiserwürde. Eine Anderung des 
preußischen Thronfolgerechts übt, ohne daß die Organe des Reiches 
dabei irgendwie mitzuwirken berufen wären, seine Rückwirkung auch 
auf das Reich. Dieses nimmt seinen Kaiser aus den Händen des 
preußischen Staates in dem jeweiligen preußischen Könige entgegen. 
Es gilt aber auch für die Regentschaft. Nach der nord- 
deutschen Bundesverfassung, die das Präsidium der Krone Preußen 
zusprach, war dies ohne weiteres klar. Wenn die Reichsverfassung 
statt dessen den König von Preußen setzte, so war keine sachliche 
Anderung beabsichtigt, sondern es sollte nur der Relativsatz ange- 
schlossen werden können. König von Preußen bedeutet den Ver- 
treter preußischer Königsmacht, also auch den Regenten. Wer nach 
Maßgabe des preußischen Rechts zum Regenten in Preußen be- 
rufen ist, hat damit gleichzeitig die Regentschaft im Reiche. Indem
	        
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