Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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schließen, Bündnisse und andere Verträge mit fremden Staaten 
einzugehen. Dem Einzelstaate sind die entsprechenden Befugnisse 
nicht ausdrücklich entzogen. Doch sind drei verschiedene Gebiete 
der politischen Betätigung zu unterscheiden. 
a) Ausschließliche Berechtigung des Reiches. 
a) Politisches Gebiet der Kriegserklärung, des Friedens- 
schlußes und der Eingehung von Bündnissen. Voraussetzung ist 
die Verfügungsfähigkeit über die bewaffnete Macht zu kriegerischen 
Zwecken. Solche hat aber kein deutscher Einzelstaat einschließlich 
Bayerns mehr. Damit sind auch ohne ausdrückliche Bestimmung 
der Reichsverfassung die entsprechenden Befugnisse dem Einzelstaate 
entzogen und dem Reiche vorbehalten. 
9) Zoll= und Handelsverträge. Deutschland bildet ein Zoll- 
und Handelsgebiet, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze (RV. 
Art. 33). Zoll= und Handelsverträge legen vertragsmäßig die 
Behandlung für Provenienzen des anderen Teiles bei Überschreiten 
der Grenze fest. Angesichts der einheitlichen Zollgrenze können 
daher Zoll= und Handelsverträge nur vom Reiche abgeschlossen werden. 
9) Post= und Telegraphenverträge. Post und Telegraphie 
sind einheitliche Verkehrsanstalten des Reiches. Das ausschließliche 
Gesetzgebungsrecht des Reiches auf dem Gebiete der Post und Tele- 
graphie erstreckt sich auch auf Bayern und Württemberg, die eine 
durch Reservatrecht geschützte eigene Verwaltung haben. Das Reich 
hat daher für das Reichspostgebiet wie für Bayern und Württem- 
berg auch ausschließlich das internationale Vertragsrecht. Nur 
über den eigenen unmittelbaren Verkehr mit den ausländischen 
Nachbarstaaten können Bayern und Württemberg Abkommen treffen 
(RV. Abt. 52 Abs. 3). 
b) Berechtigung des Reiches und des Einzelstaates. 
Auch über das Gebiet seiner ausschließlichen Berechtigung 
hinaus kann das Reich, soweit es überhaupt zuständig ist, Verträge 
eingehen. Doch das gleiche Recht des Einzelstaates bleibt un- 
berührt, solange das Reich von seiner Zuständigkeit keinen Ge- 
brauch macht. Geschieht dies, so tritt allerdings der Vertrag des 
Einzelstaates außer Kraft (Beispiele: Literarkonvention, Ausliefe- 
rungsverträge).
	        
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