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stimmung des Bundesrates und zu ihrer Gültigkeit die Genehmigung
des Reichstags erforderlich. Zwei Fragen sind dabei zu unter-
scheiden: In welchem Stadium ist die Mitwirkung der gesetz-
gebenden Körperschaften erforderlich und zu welchen Verträgen?
In welchem Stadium? Nach dem englischen Systeme werden
die Verträge von der Regierung abgeschlossen, macht äber ihre
Ausführung Maßregeln der Gesetzgebung notwendig, so wird dem
Parlamente eine besondere Bill unterbreitet. Dagegen hat nach
dem amerikanischen Systeme der Präsident der Vereinigten Staaten
das Recht des Vertragsabschlusses nur mit Zustimmung des Senats
in Zweidrittelmehrheit, der Inhalt des so zustande gekommenen
Vertrages ist aber ohne weiteres Landesrecht. Für das deutsche
Reich könnte der Wortlaut des Art. 11 RV. auf den Gedanken
führen, als nähmen Bundesrat und Reichstag eine verschiedene
Stellung ein. Doch das ist nicht zutreffend. Die Zustimmung
des Bundesrates ist zum Abschlusse notwendig. Und ohne Zu-
stimmung des Reichstags würde der Vertrag ungültig sein, ihm
etwas zum rechtsgültigen Zustandekommen nach der staatsrechtlichen
Seite fehlen. Das läuft aber beides auf dasselbe hinaus: Der
Kaiser darf den Vertrag ohne Zustimmung der gesetzgebenden
Körperschaften nicht ratifizieren.
Und zu welchen Verträgen? Zu denen, die inhaltlich einen
Gegenstand der Gesetzgebung betreffen. Die Worte „nach Art. 4“
sind dabei im Art. 11 RV. als überflüssig zu streichen. Auch wenn
der Gegenstand nicht nach Art. 4, sondern z. B. nach Art. 73 in
den Bereich der Reichsgesetzgebung gehört, wäre die Zustimmung
der gesetzgebenden Körperschaften erforderlich.
Für die Erfüllung des Vertrages durch Erlaß der entsprechen-
den Anordnungen an die Reichsangehörigen bedarf es dann nicht
noch einmal der Zustimmung der gesetzgebenden Faktoren, da diese
bereits dem Abschlusse des Vertrages mit allen Folgerungen zuge-
stimmt haben. Man begnügt sich daher einfach damit, den Ver-
trag im Reichsgesetzblatte zu verkünden. Das heißt nicht, daß
der Vertrag die Reichsangehörigen verpflichtet. Denn der Vertrag
begründet als völkerrechtlicher Akt nur völkerrechtliche Verpflichtungen
unter den vertragschließenden Staaten. Die Reichsangehörigen