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3. Das Reichsschatzamt hat eine eigene Verwaltung von Ein-
nahmen überhaupt nicht. Seine Tätigkeit besteht wesentlich in der
Vorbereitung der Finanzgesetze, besonders des Etats.
III. Budgetrecht und Rechnungskontrolle.
Das Etatsrecht des Reiches knüpft nicht an das mittel-
staatliche Vorbild, sondern an das Preußens an. Alle Einnahmen
und Ausgaben des Reiches sind alljährlich im voraus zu veran-
schlagen und vor Beginn des Etatsjahres durch Gesetz festzustellen
(RV. Art. 69). Gesetz bedeutet auch hier nicht Rechtssatz, sondern
die Form der Feststellung.
Nach der Einnahmeseite stehen die privatwirtschaftlichen Ein-
nahmen und Steuern ein für allemal gesetzlich fest. Der Etat ist
also hier nur Wirtschaftsplan. Dasselbe gilt für die rechtlich
notwendigen Ausgaben, wozu namentlich die für das Heer nach
Maßgabe des Friedenspräsenzgesetzes und für die Flotte nach
Maßgabe des Flottengesetzes gehören. Für die übrigen Ausgaben
ist der Etat Instruktion der Behörden. Bloß die Matrikular-
beiträge, die in Höhe des budgetmäßigen Betrages vom Reichs-
kanzler auszuschreiben sind (RV. Art. 70), finden ihre Rechtsgrund-
lage in dem Etat. Das Nichtzustandekommen des Etats würde
daher nur die Erhebung der Matrikularbeiträge unmöglich machen,
wie das Reich in diesem Falle auf der anderen Seite außerstande
wäre, Überweisungen vorzunehmen.
Die Rechnungskontrolle liegt der preußischen Oberrechnungs-
kammer als Rechnungshof des Deutschen Reiches ob. Außerdem ist
vom Reichskanzler dem Bundesrate und dem Reichstage zur Ent-
lastung alljährlich Rechnung zu legen (RV. Art. 82).
Anleihen und Garantien bedürfen einer gesetzlichen Grund-
lage (RV. Art. 73). Das Anleihegesetz enthält dabei gleichzeitig.
das Sonderrecht für die betreffende Anleihe. Im übrigen entspricht
das Anleiherecht dem preußischen. Ein Reichsschuldbuch ist seit
1891 eingerichtet. Nach dem Gesetze vom 3. Juni 1906 sollen die
Anleihen in Höhe von mindestens 3/8 Prozent jährlich getilgt werden.
Nach dem Finanzgesetze vom 15. Juli 1909 erfolgt die Tilgung
der bis zum 30. September 1910 begebenen Anleihen mit mindestens
1 v. H., der späteren Anleihen für werbende Zwecke mit 1,9 v. H.,
Bornhak, Grundriß des Staatsrechts. 3. Aufl. 14