Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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Reichskanzler nicht unter-, sondern nebengeordnet ist. In Be- 
hinderungsfällen wird der Statthalter ebenso durch den Staatssekretär 
des elsaß-lothringischen Ministeriums vertreten wie der Reichskanzler 
durch die Staatssekretäre der obersten Reichsämter. 
Dem Statthalter können (nicht müssen) vom Kaiser landes- 
herrliche Befugnisse übertragen werden. Dies geschieht durch 
eine vom Reichskanzler gegenzuzeichnende kaiserliche Verordnung 
die den Umfang der Befugnisse — regelmäßig solche niederer Be- 
deutung — bestimmt. Nur eine landesherrliche Befugnis ist dem 
Reichskanzler gesetzlich übertragen, die Ernennung und Instruktion 
der elsaß-lothringischen Bundesratsbevollmächtigten. Hier ist der 
Statthalter Regierungsstellvertreter des Kaisers und hat die Ge- 
schäfte zu führen „nach den ihm wohl bekannten Intentionen 
Sr. Majestät“. Die Anordnungen des Statthalters bedürfen da- 
her der ministeriellen Gegenzeichnung, die dem Staatssekretär 
obliegt. 
Der Statthalter ist endlich das Haupt der elsaß-lothrin- 
gischen Provinzialberwaltung und steht an der Spitze des 
Ministeriums. Das frühere Oberpräsidium ist als neben ihm 
überflüssig aufgehoben worden. « 
b) Bundesrat. In der Stellung des Bundesrates kommt 
die fortdauernde Souveränetät des Reiches über Elsaß-Lothringen 
zur Geltung. Der Bundesrat hat aber hier nicht wie in der ge- 
meingültigen Zuständigkeit des Reiches Befugnisse auf allen Gebieten 
des Staatslebens. Bis 1911 wirkte er jedoch als gesetzgebender 
Faktor mit, so daß kein elsaß-lothringisches Landesgesetz ohne seine 
Zustimmung zustande kommen konnte. Seitdem ist er auch für 
die Landesgesetzgebung ausgeschaltet. Nur Verfassungsgesetz und 
Wahlgesetz sind Reichsgesetze, deren Abänderung durch die gesetz- 
gebenden Faktoren des Reiches erfolgt. Außerdem hat der Bundes- 
rat die vom Kaiser zu ernennenden Mitglieder der ersten Kammer 
vorzuschlagen. 
J) Reichstag. Er hat nur noch mitzuwirken bei Verfassungs- 
gesetzgebung und Wahlgesetz für Elsaß-Lothringen. Seine fakul- 
tative Mitwirkung bei elsaß-lothringischen Landesgesetzen an Stelle 
des Landesausschusses ist seit 1911 ausgeschaltet.
	        
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