Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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8 51. Die Schut2zgebiete. 
Die Schutzgebiete sind durch völkerrechtliche Akte für das 
Deutsche Reich erworben und daher völkerrechtlich, d. h. im Ver- 
hältnisse zu anderen Staaten Reichsinland. Dagegen sind sie 
nicht dem Bundesgebiete einverleibt, wie solches verfassungsrecht- 
lich durch Art. 1 RV. feststeht. Sie sind daher staatsrechtlich 
grundsätzlich Ausland, nur in einigen Beziehungen, z. B. für In- 
digenatsrecht, Strafrecht usw. werden sie auch staatsrechtlich als 
Inland betrachtet. Doch besteht in den Schutzgebieten keine andere 
Staatsgewalt als die des Reiches. Sie sind daher durch Real- 
union mit dem Reiche verbundene Nebenländer. 
Daraus ergeben sich Folgerungen für Gebiet und Bewohner. 
Das Gebiet gehört dem Reiche. Und doch handelt es sich 
nicht um Bundesgebiet. Gebietsveränderungen konnten bis 1911 
vom Kaiser allein vorgenommen werden, sind aber seitdem an ein 
Reichsgesetz gebunden. Selbst Reichsangehörige haben kein Aufent- 
haltsrecht, sondern sind ausweisbar. 
Die Bewohner mit Ausnahme der fremden Staatsangehörigen 
sind Untertanen des Reiches. Doch nur die Reichsangehörigen 
aus dem Mutterlande und ihre Nachkommen und diejenigen, denen 
die Reichsangehörigkeit besonders verliehen wird, besitzen das deutsche 
Reichsindigenat. Die große Masse der Bewohner, insbesondere die 
Eingeborenen, sind nicht Reichsangehbrige. 
Geschichtlich dachte man bei Erwerb der Schutzgebiete an 
Begründung einer Unterstaatsgewalt für Kolonialgesellschaften durch 
Schutzbriefe und für einheimische Herrscher unter Lehnsherrlichkeit 
des Reiches. Dieser Grundgedanke Bismarckscher Kolonialpolitik 
ließ sich allgemein von Anfang an nicht verwirklichen. Nur für 
deutsch-ostafrikanische Gesellschaft und die Neu. Guinea-Kompanie 
wurden 1885 Schutzbriefe erteilt. Zurückgeblieben sind von dem 
ursprünglichen Kolonialprogramme die Bezeichnungen des Schutz- 
gebietes, der Schutzgewalt, der Schutztruppe. Doch das Reich hat 
jetzt in allen Schutzgebieten die volle Staatsgewalt, ohne daß eine 
ergänzende Unterstaatsgewalt bestände. 
Die notwendigen gesetzlichen Rechtsgrundlagen des Kolonial- 
rechts wurden geschaffen durch das Schutzgebietsgesetz vom 17.
	        
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