Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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April 1886, jetzt in der neuesten Fassung vom 10. Septem- 
ber 1900. 
I. Verfassung. 
Inhaber der gesamten und ungeteilten Staatsgewalt in den 
Schutzgebieten ist das Reich. Dieses kann aber nur handeln durch 
seine verfassungsmäßigen Organe, Bundesrat, Kaiser und Reichs- 
tag. Für die Schutzgebiete sind sie aber in anderer Reihenfolge 
aufzuführen: Kaiser, Bundesrat und Reichstag. 
1. Organe. 
a) Der Kaiser. Nach § 1 des Schutzgebietsgesetzes übt die 
Schutzgewalt in den deutschen Schutzgebieten der Kaiser im Namen 
des Reiches aus. Schutzgewalt ist aber nichts anderes als Staats- 
gewalt. Der Kaiser ist daher allgemein mit der Ausübung der 
Staatsgewalt in den Schutzgebieten betraut, so daß für seine Zu- 
ständigkeit die allgemeine Vermutung spricht. Er ist nicht Landes- 
herr der Schutzgebiete, sondern hat die Schutzgewalt als einen 
Bestandteil seiner kaiserlichen Rechte. Die Schutzgewalt ist ein 
Ausfluß des Präsidiums, die Anordnungen des Kaisres bedürfen 
daher der Gegenzeichnung des Reichskanzlers. Da die Beschränk- 
ungen des Kaisers durch Gesetzgebung und Rechtsprechung unendlich 
viel geringer sind als im Inlande, besitzt der Kaiser in der 
Schutzgewalt eine annähernd absolute Regierungsgewalt über die 
Schutzgebiete. 
b) Bundesrat und Reichstag haben nur eine Einwirkung 
als Faktoren der Reichsgesetzgebung, insbesondere der Bundesrat 
keinerlei Teilnahme an der Regierung. Das Gebiet der Reichs- 
gesetzgebung für die Schutzgebiete ist nun aber sehr eng. Somit 
schränken Bundesrat und Reichstag die kaiserliche Schutzgewalt 
nur unerheblich ein. 
2. Funktionen. 
a) Die Regierung steht dem Kaiser als Ausfluß der Schutz- 
gewalt zu. Sie muß allerdings wie jede Betätigung eines ver- 
fassungsmäßigen Reichsorganes auf Gesetz beruhen, also als Re- 
gierung den Charakter der Vollziehung haben. Diese gesetzliche 
Grundlage ist aber enthalten in der allgemeinen Formel des § 1 
des Schutzgebietsgesetzes, wonach dem Kaiser die Schutzgewalt zu- 
Bornhak, Grundriß des Staatsrechts. 8. Aufl. 15
	        
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