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steht. In die kaiserliche Regierung, welche durch die Verwaltung
der Kolonialbehörden ihre weitere Ausführung findet, fällt alles,
was nicht von der Gesetzgebung und Rechtsprechung in Anspruch
genommen wird.
b) Die Gesetzgebung. Da es eigene gesetzgebende Körper-
schaften für die Schutzgebiete nicht gibt, und daher auch eine
koloniale Landesgesetzgebung nach elsaß-lothringischem Vorbilde
nicht in Frage kommt, kann die Form der Gesetzgebung nur die
der gemeingültigen Reichszuständigkeit sein, also eine vom Kaiser
im Namen des Reiches unter Zustimmung des Bundesrates und
des Reichstages erlassene Verordnung.
Die Gegenständec der Gesetzgebung sind durch das Schutz-
gebietsgesetz grundsätzlich durch Bezugnahme auf das Gesetz über
die Konsulargerichtsbarkeit dahin bestimmt, daß für deutsche Reichs-
angehörige und die ihnen gleichstehenden Fremden das deutsche
Privat-, Straf= und Prozeßrecht, allgemeine privatrechtliche preu-
Pßische Landesgesetze und die entsprechenden Grundsätze der Ge-
richtsverfassung Anwendung finden. Nur in einzelnen Punkten
kann der Kaiser, den Bedürfnissen der Schutzgebiete entsprechend,
im Verordnungswege Abänderungen treffen. Eingeborene unter-
liegen für die Rechtspflege lediglich dem Verordnungsrechte. Das
Schutzgebietsgesetz regelt außerdem die Grundlagen des Kolonial-
gesellschaftsrechts, die Bekenntnis= und Kultusfreiheit der im deut-
schen Reiche anerkannten Religionsgemeinschaften und das Personen-
standswesen der Deutschen und der ihnen gleichstehenden Fremden.
Weiter gesetzlich geregelt sind das Finanzwesen der Schutzgebiete
durch Gesetz vom 30. März 1892 und die Stellung der afrikanischen
Schutztruppen durch Gesetz vom 7. Juli 1896.
J0) Die Rechtsprechung. Eine unabhängige Rechtspflege auf
Grund des Gesetzes ist nur gewährleistet für die deutschen Reichs-
angehörigen und die ihnen gleichstehenden Fremden. Die Recht-
sprechung über die Eingeborenen ist Verwaltungssache. Aber auch
die förmliche Rechtsprechung erstreckt sich nur auf die ordentliche
Rechtspflege, Zivil= und Strafverfahren. Irgendwelche Formen
der Verwaltungsrechtsprechung bestehen nicht.
II. Verwaltung.