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mit kleineren fremden Volkssplittern oder einem national gemischten
Staate, einem ausgeglichenen sozialen Organismus oder einem
solchen mit starkem Gegensatze der Klassen werden sich hier die
Aufgaben des Staates verschieden gestalten.
Wie es keinen einheitlichen und gleichmäßigen Staatszweck
gibt, so befinden wir uns selbst im vollen Flusse der Entwick-
lung. Ilar#a Sel.
5 54. Die Btaatsformen.
Altertum und Mittelalter bis zur neuesten Zeit waren beherrscht
von der Aristotelischen Einteilung der Staatsformen. Danach
sollte es drei regelmäßige Formen geben, Monarchie, Aristokratie
und Demokratie (bei Aristoteles Politeia), und drei Ausartungen,
Despotismus, Oligarchie und Ochlokratie (bei Aristoteles Demo-
kratie). Willkürlich wie das bei jeder Einteilung unvermeidlich ist,
war die Aristotelische überdies zugeschnitten auf die Zustände des
Altertums. Schon auf das Mittelalter traf sie nicht mehr zu, für
die moderne Kulturwelt ist sie vollends unanwendbar. Selbst das
schon im Altertume beliebte Hilfsmittel der gemischten Verfassung,
das von Cicero bis Montesquien Anhänger fand, hilft über die
Schwierigkeiten nicht hinweg.
Der germanische Staat des Mittelalters hatte einen dua-
listischen Charakter, indem sich eine Sphäre der Obrigkeit und
eine solche der Volksfreiheit gegenüberstanden. Dieser Dualismus
ist mit Hilfe des Naturrechtes überwunden zur Einheit der Staats-
gewalt. Jede Organisation, also auch die des Staates, kann nur
eine herrschaftliche oder eine genossenschaftliche sein. Damit er-
geben sich zwei Grundtypen der Staatsformen, der Staat des
monarchischen Prinzips und der der Volkssouveränetät.
I. Der Staat des monarchischen Prinzips.
Alle Rechte der Staatsgewalt sind vereinigt in der Person
des Monarchen, wie solche sich unbeschadet der kurzen Dauer
menschlichen Lebens durch die Thronfolge in verschiedenen Indivi-
duen fortsetzt und unbeschadet der Unvollkommenheit menschlichen
Daseins durch die Regentschaft gleichzeitig auf verschiedene Indivi-