Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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Klassen, der Großbetrieb auf Kosten des Kleinbetriebes, der Unter- 
nehmer auf Kosten der Arbeiter, der Grundbesitz auf Kosten von 
Handel und Gewerbe, der Handel auf Kosten von Grundbesitz und 
Gewerbe usw. Das gesellschaftliche Leben spielt sich ab im Kampfe 
um stete Erweiterung der Macht. Solche kann nur erfolgen auf 
Kosten und daher zum Nachteile anderer Klassen. Diese lassen 
sich eine solche Benachteiligung natürlich nicht gutwillig gefallen, 
sondern setzen sich zur Wehre. Aber nicht nur das, sie suchen die 
Abhängigkeit, in der sie sich schon befinden, zu lockern und die 
soziale Freiheit zu erringen und, wenn sie dies erreicht haben, 
wiederum andere zu unterdrücken. Die Gesellschaft ist also ihrem 
Wesen nach erfüllt von einem Kampfe aller gegen alle, nur daß 
es nicht einzelne Individuen, sondern durch gemeinsame Interessen 
verbundene Gruppen von Individuen sind, die gegen andere In- 
teressenten kämpfen. 
Und doch ist die Gesellschaft ein einheitlicher Organismus, 
dessen Glieder aufeinander angewiesen sind. Leidet ein Glied 
dieses Organismus, so wird dadurch das Ganze in Mitleidenschaft 
gezogen. Die Glieder, deren Lebensprinzip der Kampf gegenein- 
ander ist, müssen doch wieder miteinander auskommen. Gesunder 
sozialer Egoismus rät daher von Anfang an, das Maß nicht zu 
überspannen. Denn selbst im Falle des Sieges ist die Reaktion 
der Besiegten zu fürchten. Das soziale Gleichgewicht der Kräfte 
läßt es überdies vielfach zu einem vollen Siege des einen Teiles 
über den anderen nicht kommen. So kann schon in den sozialen 
Machtfaktoren selbst ein Ausgleich liegen. Die Einheitlichkeit des 
sozialen Organismus bleibt trotz aller Klassengegensätze bestehen. 
Die Gesellschaft, obgleich kein rechtlicher, sondern ein volks- 
wirtschaftlicher Organismus, bildet in sich selbst doch eine Rechts- 
ordnung heraus. Das ist das Gewohnheitsrecht. Sobald die 
Gesellschaft jene Stabilisierung erzielt hat, welche die Voraus- 
setzung der Rechtsordnung ist, entsteht die Überzeugung nicht bloß 
der tatsächlichen, sondern auch der rechtlichen Notwendigkeit dessen, was 
man übt. Das Gewohnheitsrecht, auf dem Boden der Gesellschaft 
erwachsen, ist daher soziales Machtrecht und den gesellschaftlich 
Schwachen ungünstig. Mit dem Gewohnheitsrechte greift die Gesell-
	        
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