Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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verantwortlichkeit nicht gedeckt. Freilich dürfen sie auch die Politik 
des Ministeriums nicht kreuzen, sonst muß dieses zurücktreten. Aber 
auch Regierungsakte bedürfen der Gegenzeichnung nur, soweit sie 
nach außen hervortreten, nicht soweit sie innerhalb des Verwaltungs- 
organismus bleiben. Anweisungen des Monarchen, z. B. an einen 
Minister, können von diesem nicht im voraus gegengezeichnet sein, 
und auch die spätere Veröffentlichung eines solchen Erlasses ändert 
daran nichts. Endlich sind zweierlei Regierungsakte von der Not- 
wendigkeit der Gegenzeichnung ausgenommen. Akte der Kommando- 
gewalt bedürfen der Gegenzeichnung nicht, weil sie der Natur des 
militärischen Kommandos widersprechen würde. In Preußen recht- 
fertigte man dies damit, daß Art. 46 Vll. dem Monarchen aus- 
drücklich den Oberbefehl über das Heer beilegt. Der Monarch ist 
außerdem als Inhaber des landesherrlichen Kirchenregiments 
Haupt einer vom Staate verschiedenen Rechtsgemeinschaft und hat 
sich hier nach den eigentümlichen Ordnungen der Kirche zu richten. 
Deshalb bedürfen Akte des landesherrlichen Kirchenregiments der 
ministeriellen Gegenzeichnung nicht. 
Ist nun die Verantwortlichkeit bloß eine rechtliche für die 
Rechtmäßigkeit oder auch eine politische für die Zweckmäßigkeit? 
Die politische Verantwortlichkeit der Minister gegenüber 
dem Parlamente wurde in England unter Karl II. in dem Falle 
Danby anerkannt mit dem Grundsatze, daß der Minister hafte für 
„honesty, justice and utility 4. In den parlamentarischen Staaten 
ist sie verwirklicht in der Form des parlamentarischen Minister- 
wechsels je nach der Mehrheit der zweiten Kammer. Die deutschen 
Volksvertretungen haben trotz aller Bemühungen, namentlich in 
Preußen während der Konfliktszeit, das parlamentarische System nie 
durchsetzen können. Allerdings werden Ministerium und Volksver- 
tretung sich gelegentlich der Etatsberatung, bei Interpellationen 
und anderweitig über schwebende Fragen zu verständigen suchen, 
die Minister werden Rede und Antwort stehen. Doch die Volks- 
vertretung hat kein Mittel, die politische Verantwortlichkeit zu ver- 
wirklichen, wenn auch auf die Dauer sich kein Minister gegen den 
Willen der Volksvertretung halten kann. In diesem Sinne kann 
man von einer politischen Verantwortlichkeit der Minister sprechen.
	        
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