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und die daran sich anschließende Erklärung des Ministers, daß
er auf Grund der ihm erteilten Ermächtigung die Session schließe.
Eine besondere Art der Schließung ist die Auflösung der
Wahlkammer. Auch diese steht allein dem Landesherrn zu. Die
Auflösung hat Neuwahlen zur Folge, meist innerhalb bestimmter
Frist. In Preußen müssen z B. für diesen Fall innerhalb sechzig
Tagen die Wähler und innerhalb neunzig Tagen nach der Auf—
lösung die Kammern versammelt werden. Bei dem Zweikammer—
systeme kann im Falle der Auflösung der Wahlkammer auch die
erste Kammer nicht mehr tagen, sondern ist zu schließen. Wenn
in Preußen in diesem Falle von einer Vertagung des Herren-
hauses die Rede ist, so ist das nicht die gewöhnliche Vertagung,
welche den Zusammenhang der parlamentarischen Arbeiten wahrt,
sondern eine besondere Art der Schließung.
Innerhalb des verfassungsmäßigen Rahmens hat jede Kammer
ihre Geschäftsordnung selbst festzusetzen. Die Geschäftsordnung
ist autonome Satzung des Hauses und kann von ihm jederzeit
ohne höhere Genehmigung oder Sanktion geändert werden. Doch
solange eine Bestimmung der Geschäftsordnung besteht, ist auch
die Mehrheit daran gebunden.
Das erste nach dem Zusammentritte jedes Hauses ist seine
Konstituierung. In Preußen tritt jedes Haus unter dem Vor-
sitze seines bisherigen Präsidenten, das Abgeordnetenhaus nach
einer Neuwahl unter dem seines ältesten Mitgliedes und bei dessen
Verzichte des nächst ältesten zusammen und hat zunächst seine
Präsidenten, Vizepräsidenten und die sonstigen Mitglieder des
Bureaus zu wählen. Im Herrenhause trägt man gewöhnlich der
Zusammensetzung des Hauses aus verschiedenen Ständen Rechnung.
Im Abgeordnetenhause wird bei Besetzung der Präsidentenstellen
auf die Parteiverhältnisse Rücksicht genommen, so daß z. B. die
stärkste Partei Anspruch auf die Stelle des ersten Präsidenten bat.
Doch ist die Sitte kein Gewohnheitsrecht.
Daran schließt sich die Legitimationsprüfung an. Jedes
Haus hat die Legitimation seiner Mitglieder selbst zu prüfen und
damit im Falle bestrittener Legitimation eine richterliche Tätigkeit
zu entfalten. Die Entscheidung hat daher nicht unter Mißbrauch